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Zum Zuhören gekommen, nicht zum Abheben

Erzbischof Schick am Nürnberger Flughafen

Ungewöhnliches Outfit, ungewöhnliche Empfindungen: „Zum ersten Mal fahre ich nach Nürnberg zum Flughafen, ohne abzufliegen“, sagt Erzbischof Ludwig Schick beim Besuch des Airports, den die Betriebsseelsorge der Erzdiözese organisiert hat. Für die Rundfahrt über das Flughafengelände hat sich Schick über die schwarze „Dienstkleidung“ eine orangefarbene Signalweste gestreift, in der man einen hohen kirchlichen Würdenträger nun wahrlich nicht alle Tage sieht. Die Rundfahrt per Bus, an der eine Reihe weiterer Würdenträger sowie Vertreter von Betriebsrat und Betriebsseelsorge teilnehmen, beginnt bei der Feuerwehr. Diese verfügt am Flughafen über Spezialfahrzeuge, die es sonst nirgends gibt. Die Gäste erfahren, dass der Bereich Luftfracht immer wichtiger wird, ein drittes Cargozentrum wird gerade gebaut. In der Gepäcksortierung arbeiten allein rund 50 Personen, ein Knochenjob, für den das flughafeneigene Fitness-Studio Ausgleich schaffen soll – ein Thema, das den sportlich aktiven Erzbischof selbstverständlich sehr interessiert. Höhepunkt der Besichtigung ist dann, nach Erlaubnis durch den Tower, die Fahrt per Bus über die 2,7 Kilometer lange Start- und Landebahn – auch mit Tempo 30 ein Erlebnis. Zuvor hatte sich Flughafenleiter Michael Hupe Zeit für die kirchlichen Gäste genommen, berichtet von einer coronabedingt „verdammt schwierigen Zeit“, nun aber gehe es langsam wieder aufwärts. Die Hälfte des Verkehrsniveaus vor der Pandemie hat der Airport wieder erreicht, drei Viertel der Ziele werden wieder angeflogen. Vor der Krise hatte der Flughafen gut 1000 Mitarbeiter, gegenwärtig sind es rund 850. Die Beschäftigten liegen Schick und den Betriebsseelsorgern naturgemäß besonders am Herzen, in den Fragen des Erzbischofs wird das immer wieder deutlich. Welche Berufsgruppen arbeiten hier eigentlich? „Wir sind Vollsortimenter“, sagt Hupe, vom Lageristen bis zum Hochbauingenieur und zur Luftverkehrskauffrau ist vieles vertreten. Wie ist der Anteil der Leiharbeiter, wie hoch ist die Fluktuation unter den Beschäftigten? „Eher gering“, sagt Betriebsratschefin Antonia Kraus, was für ein gutes Arbeitsklima am Airport spricht. Chef und Arbeitnehmervertreterin verstehen sich gut, das merkt man Hupe und Kraus an, auch wenn es da natürlich Grenzen gibt. Als der Geschäftsführer die Bezahlung nach Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anspricht, die ihn manchen Mitarbeiter kostet, weil in der freien Wirtschaft mehr verdient wird, sagt Kraus bestimmt: „Bei Abweichungen nach oben machen wir deutlich lieber mit als nach unten.“ Schick hört aufmerksam zu, schaltet sich immer wieder ein, vor allem, wenn es um die Belange der Mitarbeiter geht – als Hupe auf das Thema prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu sprechen kommt, sagt der Erzbischof: „Manche arbeiten auch voll und es ist trotzdem prekär.“ Im Gespräch mit jungen Beschäftigten erfährt Schick auch, dass bei der Leiharbeit der politisch gewollte „Klebeeffekt“ durchaus funktioniert – viele wechseln am Flughafen in unbefristete Arbeitsverhältnisse. Manfred Böhm, Leiter der Betriebsseelsorge im Erzbistum, zieht im Gespräch mit dem Heinrichsblatt ein positives Fazit des Besuchs: „Uns ist wichtig, deutlich zu machen, dass sich Kirche nicht nur für das Seelenheil der Menschen interessiert, sondern für ihre Lebenswirklichkeit – so wie sie leben und arbeiten, manchmal arbeiten müssen.“ Der bischöfliche Betriebsbesuch findet einmal im Jahr statt, in wechselnden Regionen und Unternehmen in der Erzdiözese. Böhm spricht von einem Einblick, „den wir dem Erzbischof gerne ermöglichen“. Im Gespräch mit der Fernseharbeit des Erzbistums sagt Schick zum Schluss, er sei froh und dankbar über den Besuch. Es sei spannend gewesen, sich einmal die „Innereien“ des Flughafens zeigen zu lassen. Und er betont nochmals: „Für uns Kirchenleute ist es am wichtigsten, auf die Beschäftigten zu achten – dass alle gesund bleiben und gut arbeiten können.“

Autor: Bernd Buchner