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„Tabuisierungen schaffen nur Raum für radikales Denken“

Islamischer Theologe: Mohammed-Karikaturen in Schule behandeln

Paris/Erlangen - Der islamische Religionspädagoge Tarek Badawia hat sich für eine Auseinandersetzung mit den umstrittenen Mohammed-Karikaturen im Schulunterricht ausgesprochen. Spätestens durch den Mord an Samuel Paty vor einem Jahr sei das Thema „zu brisant geworden, um es wegzudenken“, sagte der Erlanger Wissenschaftler Theologe im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Der Pariser Geschichtslehrer Paty war am 16. Oktober 2020 in seinem Heimatort auf offener Straße enthauptet worden. Der 18-jährige Täter wurde beim Versuch der Festnahme von der Polizei erschossen. Die Tat war mutmaßlich islamistisch motiviert; Paty soll zuvor im Unterricht die Mohammed-Karikaturen aus der dänischen Tageszeitung „Jyllands-Posten“ gezeigt haben, anhand derer er das Thema Meinungsfreiheit behandelt habe.
Laut Badawia gehört es zur Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen, sich im Religions- oder Ethikunterricht mit diesem Thema zu befassen. Der Lehrplan müsse reagieren und es mit den Schülern aufarbeiten. „Tabuisierungen schaffen da nur Raum für radikales Denken.“
Bereits kurz nach dem Attentat hatte Badawia gemeinsam mit dem Dresdner Ethiker Markus Tiedemann deshalb eine Petition zur Relevanz der Karikaturen für den Unterricht gestartet. „Mit dem Aufruf wollten wir in die Offensive gehen und zeigen, wie wichtig es ist, das Thema taktvoll zu behandeln“, erklärt der Theologe. Wichtig sei es stets zu prüfen, mit welcher Absicht die Karikaturen von wem gezeigt und ob negative Bilder damit reproduziert würden.
Er selbst betrachte die Karikaturen weder als künstlerisch wertvoll noch bildeten sie für ihn den Propheten ab; deswegen spreche er konsequent von den „sogenannten Mohammed-Karikaturen“, so Badawia. „Sie lösen Emotionen aus, die einfach nicht sein müssen.“ Dabei stehe nicht zwingend das Religiöse im Vordergrund, so der Theologe. „Es geht mir um die gesamtgesellschaftliche Atmosphäre, die dadurch vergiftet wird. Ich denke da etwa an junge Muslime, die ständig mit solchen Stereotypen konfrontiert werden. Wir können auch nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass alle Menschen aufgeklärt genug sind, um das einfach wegstecken zu können.“
Letztlich sei es aber gerade für die muslimische Gemeinschaft wichtig, sich offen zu positionieren und „Farbe zu bekennen“, so der Wissenschaftler. „Als Muslim will ich nicht, dass im Namen des Propheten Menschen getötet werden!“

 Autor: KNA