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„Segnen, wo Gott sich finden lässt“

Nürnberger Priester zu homosexuellen Partnerschaften

Auf Initiative von Stadtdekan Andreas Lurz und Jesuitenpater Ansgar Wiedenhaus haben mehrere Nürnberger Priester eine Stellungnahme zur Segnung homosexueller Paare abgegeben (Wortlaut siehe Kasten links). Die Geistlichen reagieren damit auf ein Papier, in dem sich die vatikanische Glaubenskongregation dagegen ausspricht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Im Gespräch mit dem Heinrichsblatt äußert sich Pater Wiedenhaus zu den Hintergründen der innerkirchlichen Auseinandersetzung (siehe auch Seite 4). 

 

Pater Ansgar, was ist das Anliegen der Nürnberger Erklärung? 

Wiedenhaus: Ich habe selber mit unterschiedlichsten Leuten in der Seelsorge zu tun. Und die Menschen, die zusammenleben, die miteinander in Liebe und Treue verbunden sind, in deren Partnerschaft lässt sich Gott finden. Und dann zu sagen, das geht nicht, diese Partnerschaft zu segnen – das widerspricht unserem Auftrag. Wir haben den Auftrag, da zu segnen, wo Gott sich finden lässt. 

 

Warum schlägt diese Instruktion aus Rom solche Wellen? 

Wiedenhaus: Weil sie verletzt. Weil sie grausam ist. Diese Instruktion versucht, so ein bisschen darum herumzutanzen: nein, Homosexualität an sich ist keine Sünde, bloß wenn ich sie ausübe. Aber dann findet sich da so eine Formulierung: Gott segnet nicht die Sünde. Es ist klar, worauf das bezogen ist. Und das verletzt die Menschen, die in einer Partnerschaft leben und sagen, wieso soll diese Partnerschaft, diese Liebe, diese Treue, dieses Miteinander-Ringen, wieso soll das Sünde sein? 

 

Darf man als Katholik dem Vatikan widersprechen? 

Wiedenhaus: Widerspruch ist in der katholischen Kirche ein Zeichen von Loyalität. Das sehen nicht alle so, das weiß ich. Aber nur dadurch entwickelt sich doch katholische Lehre. Wir glauben doch heute nicht mehr das gleiche wie vor tausend Jahren. Das stimmt doch gar nicht. Jeder, der das behauptet, kennt Kirchengeschichte nicht. Und Entwicklung passiert durch Widerspruch, passiert durch: „Das kann doch nicht richtig sein“. Passiert durch Lernen, durch Dialog mit Menschen und mit der Welt. 

 

Darf man auch ungehorsam sein? 

Wiedenhaus: Manchmal muss man ungehorsam sein. Kann natürlich sein, dass man dafür dann einen Preis bezahlen muss. Sie waren selbst „ungehorsam“, haben schon Homosexuelle gesegnet. Wie ist das abgelaufen? Wiedenhaus: Na ja, Paare sind auf mich zugekommen, haben gesagt: Geht da irgendwas? Und dann haben wir halt in der Kirche gefeiert, dass diese Menschen zusammen sind. Wir haben wirklich eine Segensfeier gemacht. 

Wie kam das an bei den Menschen, die sich segnen ließen? 

Wiedenhaus: Sehr, sehr gut. Das ist ja das Tolle, an den wichtigen Stellen unseres Lebens wollen wir begleitet werden. Möchten wir das unter den Segen Gottes stellen. Möchten wir zugesprochen bekommen, da ist Gott auf eurer Seite. Das waren tolle Feiern. 

 

Wie haben Sie sich selber dabei gefühlt? 

Wiedenhaus: Mir hat das unglaubliche Freude gemacht. Es war ein bisschen komisch, weil: Dafür gab's ja keine Vorlage. Und wir wollen ja auch kein Politikum daraus machen. Es geht ja gar nicht darum, jetzt eine Revolution anzuzetteln oder „es Rom zu zeigen“. Sondern einfach nur etwas Gutes und Schönes und Wertvolles zu feiern.

Es gibt auf das Papier aus Rom in Deutschland ganz unterschiedliche Reaktionen. Manche Bischöfe begrüßen die vatikanische Haltung, andere sind vorsichtiger. Was wünschen Sie sich seitens der Erzdiözese? 

Wiedenhaus: Ein offenes „Jetzt reicht’s“. Weil, nochmal: Es geht ja nicht darum, dass wir uns von Rom trennen wollen, oder irgendwas. Es geht einfach darum: Hier werden Menschen verletzt. Hier wird die Beziehung zwischen Menschen herabgewürdigt. Das kann nicht richtig sein. 

Interview: Bernd Buchner. Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit der Fernsehredaktion des Erzbistums. Der Wortlaut wurde für die Schriftfassung weitgehend beibehalten. Einen TV-Beitrag mit Gesprächsausschnitten sehen Sie bei www.kircheinbayern.de.

Autor: Bernd Buchner