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Kardinal Marx ruft zu Ehrfurcht vor anderen Religionen auf

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat dazu
aufgerufen, die Schätze der eigenen Glaubenstradition wertzuschätzen
und gleichzeitig voller Ehrfurcht auf andere Religionen und
Traditionen zu schauen. «Die Vielfalt des Religiösen ist auch eine
Einladung, das Religiöse selbst neu zu verstehen», sagte Marx am
Donnerstag beim Fronleichnamsgottesdienst im Münchner Liebfrauendom.
Zugleich warnte er, überheblich zu sein und hob die Notwendigkeit
hervor, aus der Geschichte zu lernen.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seien miteinander verschränkt,
erklärte Marx. Das werde einem bewusst, wenn Ereignisse aus der
Vergangenheit wieder sichtbar würden «und uns neu herausfordern».
Manches erscheine dann plötzlich in einem anderen Licht. Das erlebe
auch die Kirche in den Herausforderungen im Umgang mit dem sexuellen
Missbrauch. «Vergangen ist nicht vergangen, es kommt nach oben und
stellt uns neu vor die Frage: Wer sind wir eigentlich? Was wollen wir
sein und was bedeutet das im Blick auf die Vergangenheit, auf die
Betroffenen?»

Der Kardinal erinnerte zudem an den Völkermord, den deutsche
Kolonialtruppen an den Herero verübt hatten und der erst vor wenigen
Tagen - nach 120 Jahren - von der Bundesrepublik anerkannt worden
war. «Niemand von uns war damals auf der Welt, als das geschehen ist,
und doch tragen wir als deutsche Staatsbürger jetzt
Mitverantwortung.» Auch im Blick auf den eigenen Glauben gelte es aus
der Geschichte zu lernen. «Mit welcher Überheblichkeit sind wir auf
andere zugegangen?», fragte Marx mit Blick auf andere Kulturen und
Religionen.

Weder sei es sinnvoll, alle Religionen als «gleich» einzuordnen, noch
alles andere zu verdrängen und sich selbst an die Spitze zu setzen,
so Marx. Es gelte «zu lernen und den eigenen Schatz neu zu erkennen,
ohne den Anderen negativ beiseite zu schieben. Ihn verstehen und dann
zu erkennen, welch großartige Einladung die ist, die Gott ausspricht
in Jesus von Nazareth.»

Autor: KNA