· 

Juristin vor Kirchenasyl-Prozess: Bayerischer Sonderweg

Die Strafverfolgung von Kirchenasylen findet nach
den Worten der Juristin Bettina Nickel lediglich in Bayern statt.
Dies hätte eine Sitzung mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen
Bundesländern unlängst ergeben, sagte die stellvertretende Leiterin
des Katholischen Büros in Bayern am Donnerstag bei einer
Pressekonferenz. Sie fand im Vorfeld einer Hauptverhandlung gegen die
Oberzeller Franziskanerin Juliana Seelmann am kommenden Mittwoch vor
dem Amtsgericht Würzburg statt. Der Ordensfrau wird Beihilfe zum
unerlaubtem Aufenthalt vorgeworfen, weil sie 2019 und 2020 zwei
nigerianischen Frauen Kirchenasyl gewährte.

Seelmann verwies gleichfalls auf den Austausch auf Bundesebene von
Engagierten der Kirchenasyl-Bewegung. Auch sie wüssten von keinen
anderen Ermittlungsfällen außerhalb des Freistaats. Die Schwester
betonte, dass man die Entscheidung zum Kirchenasyl nicht leichtfertig
treffe. Doch eine Abschiebung nach Italien hätte die 23- und
34-Jährigen erneut in die Zwangsprostitution geführt. «Es war
notwendig, notwendend», sagte Seelmann. Sie sei bereit, bis in die
höchste Instanz zu gehen. Nickel, die katholische Gemeinden und Orden
in Bayern beim Kirchenasyl berät und die Härtefälle mit prüft,
erklärte, es brauche eine Grundsatzentscheidung.

Alle bisher zur Anklage gebrachten Fälle lägen bei fränkischen
Staatsanwaltschaften, sagte die Leiterin des Katholischen Büros
weiter. «Das kann man einfach jetzt mal interpretieren.» Sie selbst
sei schon mindestens ein Dutzend mal als Zeugin von anderen
Staatsanwaltschaften vernommen worden. In keinem Fall sei ein
Ermittlungsverfahren weitergeführt worden.

Laut bayerischem Justizministerium werden lediglich die neu
eingeleiteten Ermittlungsverfahren erfasst. Für das Jahr 2020 seien
dies insgesamt 27. «Die Anzahl der aktuell anhängigen Verfahren kann
aus den vorliegenden statistischen Angaben jedoch nicht abgeleitet
werden.»

Bereits Ende April wurde der Münsterschwarzacher Benediktinerbruder
Abraham Sauer vom Amtsgericht Kitzingen vom Vorwurf der Beihilfe zum
unerlaubten Aufenthalt freigesprochen. Die Richterin verwies dabei
auf das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die
Staatsanwaltschaft Würzburg hatte bereits angekündigt, Rechtsmittel
gegen das Urteil einzulegen.

Autor: KNA