Bischof Jung warnt Seelsorger davor, Machtgefälle auszunutzen
Würzburg – Der Würzburger Bischof Franz Jung hat Priester und Diakone auf die Gefahr asymmetrischer Beziehungen hingewiesen. Sie seien anfällig für missbräuchliches Verhalten, schrieb Jung in
einem Brief zu Gründonnerstag an die beiden Berufsgruppen, der am Montag veröffentlicht wurde. „Viele Situationen der Seelsorge weisen ein Machtgefälle auf und erfordern bei den
Verantwortlichen eine besondere Sorgfaltspflicht.“ Verhaltenskodizes im Sinne der Prävention normierten angemessene Verhaltensweisen und hielten zur Reflexion des eigenen Agierens an.
„Das enthebt jedoch nicht davon, sich selbst im Sinne der Keuschheit um besondere Sensibilität für die jeweilige Situation zu mühen“, so der Bischof. Gerade die Keuschheit wisse um die
Verletzlichkeit besonders schutzbedürftiger Menschen. Es verbiete sich daher, „die Schwachheit anderer in unangemessener Weise auszunutzen und der Versuchung nachzugeben, deren
Ausgeliefertsein schändlich zu missbrauchen“. Dies verlange nach der Fähigkeit zu echter Empathie und liebevoller Fürsorge.
„Keuschheit ist nicht gleichzusetzen mit sexueller Enthaltsamkeit. Umgekehrt gilt aber auch, dass Enthaltsamkeit noch lange kein Garant ist für ein keusches Leben“, betonte Jung weiter. Die
zölibatäre Lebensform allein könne daher nicht den Anspruch auf ein keusches Leben erheben. Die äußere Form müsse auch gedeckt sein durch das persönliche Bemühen um Keuschheit.
Der Bischof wies zudem in dem Schreiben Interpretationen zurück, bei der Diakonenweihe werde lediglich Ehelosigkeit versprochen, von Keuschheit sei aber nie die Rede gewesen. „Mit der
Lebensform der Ehelosigkeit wählt der Kandidat die Lebensform Christi, der sich ungeteilt dem Vater ,dargebracht hat‘, wie es im Weiheversprechen heißt, um ganz den Menschen zu dienen.“ Wer
sich für die zölibatäre Lebensform entschieden habe, habe das auch für ein keusches Leben getan. „Anders wird es zur Farce und lässt sich auf Dauer auch nicht durchhalten, ohne in ein
Doppelleben abzugleiten, das die schlimmsten Konsequenzen zeitigen kann.“
Autor: KNA