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Sternchen, Schrägstrich, Doppelpunkt

Kirche und gendergerechte Sprache

Ein Gespenst geht durch die deutsche Sprachlandschaft, ein Gespenst namens „Gender“. Oft wird es begleitet von einem kleinen Geistlein namens „gerecht“. Über die sogenannte gendergerechte Sprache scheiden sich die Geister. Vor allem um einen grammatischen Sachverhalt wird dabei zurzeit heftig diskutiert, das generische Maskulin. Begriffe wie „Teilnehmer“, „Kunde“ oder „Interessent“ sind zwar grammatisch männlich, nicht aber dem sprachlichen Sinn nach – umgekehrt sind mit „Personen“, grammatisch weiblich, keineswegs nur Frauen gemeint. Das jeweils andere Geschlecht ist dabei nicht ausgeschlossen. Das aber sehen Verfechter der gendergerechten Sprache anders. Sie setzen sich dafür ein, den Bezug auf beiderlei Geschlechter in Begriffen, so weit das möglich ist, sichtbar und teils auch hörbar zu machen: durch die Verdoppelung „Kundinnen und Kunden“, durch das inzwischen berühmte Gendersternchen (Asterisken) wie in „Teilnehmer*innen“, durch ein Binnen-I („StudentInnen“), einen Schrägstrich („Mitarbeiter/innen“) oder aber neuerdings durch Doppelpunkt oder Unterstrich. Der Gender-Doppelpunkt hat es immerhin schon in den Sprachgebrauch der Hansestadt Lübeck geschafft. Die Kirche ist eine Kirche des Wortes und des Hörens, so verwundert es nicht, dass es auch innerkirchlich da und dort leidenschaftliche Diskussionen über die für manchen noch ungewohnten Gender-Sprachgepflogenheiten gibt. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Erzdiözese entschied sich bei seiner Online-Versammlung im vergangenen November für die Einführung der der sogenannten Askerisken-Schreibweise. Statt „Mandatsträger“ heißt es zum Beispiel auf der BDKJ-Homepage nun „Mandatsträger*innen“. „Das generische Maskulinum prägt nach wie vor unsere Sprache und führt dazu, dass Frauen und queere Menschen nicht mit einbezogen werden“, heißt es im Beschluss der jungen Leute. Daher verpflichte man sich, in allen schriftlichen Veröffentlichungen die Asterisken-Schreibweise zu verwenden. Der Beschluss fiel mit 41 Jastimmen, sechs Delegierte votierten mit nein, drei enthielten sich. Im BDKJ sei bereits seit einigen Jahren über die Frage gesprochen worden, berichtet Diözesanpräses Pfarrer Norbert Förster. Im neuen Vorstand, seit gut einem Jahr im Amt, gebe es „recht agile junge Frauen und Männer“, denen die Sternchen sehr wichtig seien. So habe man den Prozess neu aufgerollt. Förster macht wenig Hehl daraus, dass er in Sachen Gendersprache eher zurückhaltend ist: „Wir haben uns immer wieder gerieben und versucht, wie man das umgehen könnte. Aber ich nehme die Sensibilität der Jugendlichen ernst.“ Wenn die Frage für sie wichtig sei, könne auch er gut damit leben. Er persönlich finde die ausgeschriebene Variante schöner, fügt Förster hinzu: „In der Liturgie sage ich ja auch ,Schwestern und Brüder’.“ Offen für alle Menschen Sonja Biller, eine der hauptamtlichen BDKJ-Vorsitzenden, berichtet, der Anstoß für die neue Schreibweise sei aus dem Sachausschuss „Vielfalt leben“ gekommen. Auf Bundesebene seien die Sternchen schon länger verankert, so sei es naheliegend gewesen, „Einheitlichkeit in der Sprache herzustellen“. Biller spricht von einer „Lernsache“. Es gehe nicht um einen erhobenen Zeigefinger, sondern darum, auf Sprache aufmerksam zu machen, „und darauf, was sie bewirken kann“. Kirche sei offen für alle Menschen, „das wollen wir auch in der Sprache darstellen.“ Vor dem BDKJ-Beschluss sei „heiß diskutiert“ worden, ob die Sternchen die richtige Variante seien. Man habe sich dann dafür entschieden, bei ihnen zu bleiben, doch auch der Doppelpunkt sei im Gespräch gewesen. Reaktionen auf die Entscheidung hat der diözesane Dachverband noch nicht bekommen. „Das ist etwas, was schon gang und gäbe ist“, meint Förster. „Wir waren sozusagen im Zugzwang.“ Auch Biller hält das Sternchen schon für relativ etabliert: „Einige unserer Mitgliedsberbände benutzen schon länger.“ Bereits 2016 hatte sich das Erzbischöfliche Ordinariat mit dem Thema „geschlechtergerechte Sprache“ befasst. Generalvikar Prälat Georg Kestel empfahl seinerzeit für den gesamten internen und externen Schriftverkehr Doppelnennungen unter Voranstellung der weiblichen Form („Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“). Zur Vereinfachung und besseren Lesbarkeit könnten geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet werden, heißt es in dem Papier weiter, also etwa „Teilnehmende“, „Leitung“ oder „Vertrauenspersonen“. Diese Vorschläge vermeiden sprachliche Kunstgriffe, die von vielen als ungrammatisch und zu weitgehend abgelehnt werden. Diese Gegner einer gendergerechten Sprache sind allerdings von radikalen Kritikern des vermeintlichen „Gender-Wahnsinns“ zu unterscheiden, die auch in der katholischen Kirche Verbreitung gefunden haben. Diese missverstehen bewusst den Begriff „Gender“, der das soziale Geschlecht im Gegensatz zum biologischen Geschlecht kennzeichnet, und behaupten, dabei gehe es um eine Verwischung von Geschlechtergrenzen. Das Sternchen in „Mandatsträger*innen“ hat damit aber nicht das geringste zu tun.

Autor: Bernd Buchner