
Nürnberg (buc) – Das Senioren- und Pflegeheim St. Michael im Nürnberger Stadtteil St. Johannis wird zum 31. Juli geschlossen. In dem vom örtlichen Caritasverband betriebenen Haus sind gegenwärtig 51 ältere und pflegebedürftige Menschen untergebracht. Sie sollen in anderen Heimen Platz finden. Die Angehörigen hatten in den vergangenen Monaten vehement gegen die Schließungspläne protestiert, allerdings vergeblich. Bei einer jüngst von ihnen organisierten Versammlung begründete Caritas-Direktor Michael Schwarz den Schritt hauptsächlich mit künftigen finanziellen Risiken angesichts der schlechten Bausubstanz. Das Gebäude soll zu einem Wohnheim für Pflegekräfte umgebaut werden.
Die Diskussion um die Zukunft der Einrichtung läuft bereits seit mehreren Monaten. Nun steht das Datum für die Schließung fest, nachdem zwischenzeitlich davon die Rede war, das Haus habe „Bestandsschutz“ und könne nach den Vorgaben des jüngst veränderten Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes weiter betrieben werden. Allerdings hat die Entscheidung der Caritas, das Heim zu schließen, nach den Worten von Schwarz damit nichts zu tun. Der Direktor nannte bei dem Treffen, das in teils hitziger Atmosphäre verlief, auf „permanente bauliche Probleme“. Es sei nicht darstellbar, viele Millionen Euro in St. Michael zu investieren. Er verwies ferner auf die begrenzte Kapazität: Mit rund 50 Personen sei ein Seniorenheim heutzutage nicht mehr betriebswirtschaftlich zu führen. „Unter 80 geht gar nicht, ideal sind 120 bis 130.“
Schwarz machte ferner geltend, ein Heimbetreiber müsse über gewisse Ressourcen verfügen, die die Nürnberger Caritas offenkundig nicht hat. „Wir müssen die Möglichkeiten an unsere Leistungsfähigkeit anpassen, sagte der Direktor. Der Verband unterhält fünf Senioren- und Pflegeheime in Nürnberg sowie eines in Fürth. Alle diese Häuser sind dem Vernehmen nach gegenwärtig nicht ausgelastet, da es wie überall an Pflegekräften fehlt. St. Michael ist von diesem Notstand bisher nicht betroffen, da unter den rund 40 Mitarbeitenden elf Frauen der indischen Schwesterngemeinschaft von der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments (SABS) sind.
Schwestern sollen nach St. Martin wechseln
Ihren Konvent haben die sogenannten Adoration Sisters in unmittelbarer Nachbarschaft des Heims. Die Schwestern sollen den Plänen zufolge künftig im rund zwei Kilometer entfernten Senioren- und Pflegeheim St. Martin tätig sein. Die bisherige Leiterin des St. Martinsheims, Oberin Anitta Sebastian SABS, war bei der Versammlung ebenfalls anwesend, verließ diese jedoch vorzeitig. Die Schwestern waren Anfang der 1990er Jahre von der Pfarrei St. Michael, in dessen Trägerschaft sich das Seniorenheim bis 2009 befand, nach Deutschland geholt worden. Die Gemeinschaft geht auf Bischof Thomas Kurialacherry (1873-1925) aus dem südindischen Kerala zurück, von wo auch der jetzige Pfarrvikar der Gemeinde, Pater Binu Puthenkunnel MFSF, stammt.
Bei der Versammlung, an der die Stadträte Alexander Damm und Jürgen Dörfler (beide Freie Wähler) teilnahmen, äußerten mehrere Angehörige große Bedenken gegen die Schließungspläne und lobten die familiäre Atmosphäre in dem Heim. „Für uns ist das eine Katastrophe“, sagte einer von ihnen. Eine Frau erklärte, das Haus sei nicht „supermodern“, biete aber eine vertraute Heimat für die Seniorinnen und Senioren. „Gefühle müssen auch eine Rolle spielen“, fügte sie hinzu. Aus den Reihen der Mitarbeitenden war zuvor die Befürchtung laut geworden, einige der Bewohner, darunter Demenzpatienten, würden binnen zwei Wochen sterben, wenn man sie aus St. Michael wegbringe.
Eine weitere Frau, deren Mutter im Heim untergebracht ist, berichtete von schlaflosen Nächten und einer „maßlosen Belastung“ durch die gegenwärtige Situation. Nach der Ankündigung im Herbst habe es lange Zeit keine Informationen durch die Caritas mehr gegeben, kurz vor Ostern habe man dann brieflich von der bevorstehenden Schließung erfahren. Auch der ehemalige Pfarrer von St. Michael, Werner Herold, selbst Heimbewohner, ergriff das Wort und äußerte sein Unverständnis, dass die Caritas ein funktionierendes, rentabel und zur Zufriedenheit aller geführtes Haus aufgeben wolle.
Schwarz, der zu dem Treffen im Pfarrsaal von St. Ulrich als Gast eingeladen war und sein Kommen erst kurzfristig angekündigt hatte, erhielt nach rund einer Dreiviertelstunde die Gelegenheit, seine Position darzustellen. Er zeigte Verständnis für die Haltung der Angehörigen. Die Entscheidung sei eine „Zumutung“ für sie und die Bewohner, aus Sicht der Caritas aber vertretbar. Mehrere Redner hielten dem Direktor zugute, sich der Diskussion zu stellen, und verwahrten sich gegen Angriffe und Rücktrittsforderungen gegen Schwarz. Diese wurden durch an der Wand angebrachte, teils provokante Plakate („Schwarz nicht mehr haltbar“) sowie mündlich durch Versammlungsleiterin Beate Dietz und den Kirchenpfleger von St. Michael, Wolfgang Cibura, erhoben.