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Wendung zum Guten hin

Bonn (KNA) – Heilige scheinen als Glaubensvorbilder unerreichbar und aus einer anderen Zeit zu stammen. Dabei inspirieren sie noch immer. Regelmäßig stellen wir Glaubenspersönlichkeiten vor, im Februar: Josefine Bakhita.  

 

Am 8. Februar feiert die Kirche das Fest einer besonderen Frau. Die Rede ist von Josefine Bakhita, die im Jahr 2000 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen wurde. Er beschreibt Bakhita in seiner Enzyklika „Spe salvi“ als Patronin des Sudan: Ihren Gedenktag erklärte Papst Franziskus im Jahr 2015 zum „Internationalen Tag des Gebets für die Opfer von Menschenhandel“. 

 

All das weist auf das leidvolle Leben der Heiligen hin. Sie wurde um 1870 im Dorf Olgossa im Sudan geboren. Da ihr Vater der Bruder des Stammesfürsten war, wartete eigentlich ein schönes Leben auf sie. Doch mit sechs oder sieben Jahren wurde Bakhita von Sklavenhändlern entführt, wochenlang durch die Wüste gezerrt und mehrmals verkauft. Über das Trauma der Verschleppung vergaß sie ihren eigenen Namen und behielt so zeitlebens den Namen, den die Sklavenhändler ihr gegeben hatten: Bakhita, „du hast Glück gehabt“.  

 

Verkauft, verprügelt und entstellt: Das Glück ließ allerdings sehr lange auf sich warten, denn im Alter von 16 Jahren war die spätere Heilige bereits fünfmal auf den Sklavenmärkten verkauft worden und einmal so grausam vom Sohn eines Herren verprügelt worden, dass sie einen Monat lang nicht von ihrem Strohsack aufstehen konnte. Ein türkischer General ließ ihr Schnitte zufügen, mit denen er seinen Eigentumsanspruch deutlich machen wollte. Damit bleibende Narben entstehen konnten, wurden in die tiefen Schnitte Mehl und Salz gerieben.  

 

Eine Wendung nahm Bakhitas Leben, als sie mit 16 Jahren von Augusto Michieli nach Italien gebracht und Kindermädchen seiner Tochter Mimmina wurde. Bei den Canossianerinnen, bei denen Bakhita und Mimmina zeitweise lebten, lernte die Sklavin das Christentum kennen und ließ sich 1890 auf eigenen Wunsch taufen.  

 

Als die Michielis ihre Tochter und Bakhita wieder zu sich nach Hause nehmen wollten, wollte diese nicht mitkommen. Frau Michieli wollte ihre Rückkehr in ihren Haushalt erzwingen, aber die Vorsteherin der Ordensschule, die Josefine und Mimmina in Venedig besucht hatten, ging vor Gericht. Ein italienisches Gericht befand, dass die Sklaverei im Sudan vor ihrer Geburt gesetzlich abgeschafft worden war und dass das italienische Gesetz unabhängig davon keine Sklaverei anerkannte, sodass Bakhita gesetzlich nie Sklavin gewesen sei. 

 

Die Heilige hatte unterdessen auch die Volljährigkeit erreicht und konnte erstmals ihr Leben selbst bestimmen. Sie entschied sich, bei den Canossianerinnen zu bleiben, wo sie am 8. Dezember 1895 als Schwester Josefine die ewige Profess ablegte. 

 

Sieben Jahre später wurde sie in ein Haus in Schio in der norditalienischen Provinz Vicenza entsandt, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. Hier wurde sie Pfortenschwester und von allen, die ihr begegneten, geliebt. Ihre Freundlichkeit, ihre angenehme Stimme und ihr Lächeln wurden wohlbekannt. Und bis heute kennt man sie in Vicenza als la nostra madre moretta – „unsere kaffeebraune Mutter“. Als Josefine Bakhita am 8. Februar 1947 starb, kamen in den drei Tagen ihrer Aufbahrung Tausende, um die Verstorbene zu ehren.  

 

Uns heute kann die Heilige immer wieder ermutigen: nämlich darin, daran zu glauben, dass Gott nicht das Elend für uns will. Jedes Leben kann eine entscheidende Wendung zum Guten hin nehmen – und wir dürfen uns nach diesem Guten sehnen und ausstrecken.  

 

Gleichzeitig weitet Bakhita unseren Blick. Ihr Gedenktag als „Internationaler Tag des Gebets für die Opfer von Menschenhandel“ macht deutlich, dass die Welt noch längst nicht für alle Menschen ein guter Ort ist. So kann die Heilige uns ermutigen, genau hinzuschauen und Missstände in den Blick zu nehmen. Ihr Leben zeigt, dass einzelne Menschen Wichtiges bewirken können, so wie jene Vorsteherin der Ordensschule, die dafür sorgte, dass Bakhita im Kloster bleiben konnte. 

 

Wenn auch wir uns manchmal klein und unbedeutend fühlen mögen, können unsere Handlungen doch Großes bewirken. Die Patronin des Sudan lenkt darüber hinaus unseren Blick in den Teil der Welt, in dem mehr als 13 Millionen Menschen auf der Flucht und mehr als 20 Millionen Menschen vom Hunger bedroht sind. Auch wenn wir für diese Menschen nur wenig tun können, ist es der geringste Beitrag, dass wir sie nicht vergessen.