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Nicht nur fromme Zurückhaltung

Grünen-Spitzenmann Robert Habeck stellt sich in Nürnberg den Fragen der kirchlichen Medienvertreter: Kameramann Hannes Titze (von links), Stefan Hoffmann, Leiter der Fernseharbeit des Erzbistums, und Hörfunkredakteur Norbert Dussold. Foto: Bernd Buchner
Grünen-Spitzenmann Robert Habeck stellt sich in Nürnberg den Fragen der kirchlichen Medienvertreter: Kameramann Hannes Titze (von links), Stefan Hoffmann, Leiter der Fernseharbeit des Erzbistums, und Hörfunkredakteur Norbert Dussold. Foto: Bernd Buchner

Nürnberg (buc) – Robert Habeck ist vor vielen Jahren aus der evangelischen Kirche ausgetreten. In seinem neuen Buch „Den Bach rauf“ kommen Begriffe wie Gott, Kirche oder Christentum nicht vor. Und auf die Frage nach der „Letztbegründung“ für seine bisweilen ethisch aufgeladene Politik gibt der Spitzenmann und Kanzlerkandidat von Bündnis 90/Die Grünen eine bestenfalls schwammige Antwort, sofern er sich auf das Thema überhaupt einlässt.

 

Doch bei der Buchvorstellung im katholischen Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) in Nürnberg, der Termin war lange vereinbart, ehe klar wurde, dass er mitten in den Bundestagswahlkampf fallen würde, äußert sich der amtierende Wirtschaftsminister zugleich betont respektvoll über die Rolle der Christen in der Gesellschaft. Kirchen und kirchliche Organisationen hätten „schon immer eine politische Rolle gespielt“, sagt er und ruft dazu auf, „nicht nur fromme Zurückhaltung zu üben“. Die kirchliche Stimme werde gebraucht, etwa bei der Bewahrung der Menschenrechte oder der Schöpfungsverantwortung.

 

Das kommt gut an beim Publikum im großen Saal des Hauses, der bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Auch Habecks Plädoyer für demokratische Werte statt platten Populismus, für ein offenes, respektvolles Miteinander anstelle des Austauschs von Abschätzigkeiten in den sogenannten sozialen Medien trifft den Ton. Ob das Buch des Kanzleraspiranten, ein politischer Essay mit autobiografischen Zügen, nicht auch „ein bisschen Hagiografie“ sei, will CPH-Akademiechef Siegfried Grillmeyer im Plausch mit dem Minister wissen. Der erwidert, er hoffe nicht, dass der vorigen Sommer zu Papier gebrachte Text „selbstbeweihräuchernd“ sei. Und den Hinweis auf seine einstigen Ausflüge ins Belletristische kontert der promovomierte Literaturwissenschaftler mit einem durchaus beeindruckenden Exkurs über Storms „Schimmelreiter“, Pflichtlektüre in Habecks Heimat.

 

Nachher schreibt Habeck fleißig Autogramme und stellt sich schließlich den Fragen der kirchlichen Medien. Er drückt in dem Interview (zu sehen auf www.kircheinbayern.de, Sendung vom 26. Januar) die Hoffnung aus, dass im laufenden Wahlkampf „mehr Menschen sagen: Wir haben keine Lust, in einem Land zu leben, wo immer nur schlechte Laune verbreitet wird, wo immer nur die anderen Schuld haben, wo immer nur negativ geredet wird.“ Ein durchaus frommer Wunsch, auch wenn er nach dem grünen Wahlslogan „Zuversicht“ klingt.