
Bamberg (ku) – Sein neuer Lebensabschnitt ist für Wolfram Kohler eine „befreiende Erfahrung“. Der bisherige Vorstand des Kolping-Bildungswerks Bamberg war Ende des vergangenen Jahres in den Ruhestand verabschiedet worden, nach 30 Jahren erfolgreicher Führung. „„Es geht mir sehr gut“, so Kohler im Gespräch mit dem Heinrichsblatt, für das er noch einmal an seinen Schreibtisch in der Kolpingzentrale in der Villa Wassermann zurückkehrte. „Jetzt habe ich Zeit für Dinge, die bislang nicht möglich waren.“ Blickt er auf seine Zeit bei Kolping zurück, dann spricht Wolfgang Kohler von „30 Jahren mit echtem Drive“, Jahre in denen sich sehr viel entwickelt hat.
Aufgewachsen in Nürnberg, studierte Wolfram Kohler Geisteswissenschaften und absolvierte eine kaufmännische Zusatzausbildung. Später studierte er einige Semester Andragogik und war als Marketingberater in Bereich der Kunstwelt in Nürnberg tätig. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr er, dass das Kolping-Bildungswerk in Bamberg einen Nachfolger für den bisherigen Chef Josef Wachtler suchte.
Obwohl Quereinsteiger („Aber wahrscheinlich hat man damals meinen Qualifikationsmix gesehen“), wurde Wolfram Kohler ausgewählt und erhielt die Chance, sich in seinem neuen Job zu bewähren. Dankbar zeigt er sich im Rückblick, dass ihm gerade in den Anfangsjahren der damalige Vorsitzende Professor Manfred Haidl und Kolping-„Urgestein“ Ernst Dassler ihm als wichtige Mentoren zur Seite standen. „Sie haben mich sehr positiv empfangen, bei Kolping eingeführt und eingebunden“, so Wolfram Kohler. Aber auch der heutige Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Simon sei immer da gewesen, „wenn ich Fragen hatte und ich ihn gebraucht habe“. Kohler: „Ohne diese Begleitung wäre meine Entwicklung und die des Kolping-Bildungswerks nicht möglich gewesen“, konstatiert Kohler.
Seit seinem Amtsantritt 1994 entwickelte sich das Kolping-Bildungswerk unermüdlich. Gab es am Anfang drei Kolping-Einrichtungen in Bamberg und Forchheim, so hat das Bildungswerk heute 17 Einrichtungen an 12 Standorten im Erzbistum.
„Die Entwicklung war aber nur möglich durch die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Teams“, betont Wolfram Kohler. So sind für ihn die menschlichen Beziehungen, die Verbundenheit und das solidarische Zusammenarbeiten von besonderer Bedeutung. Kohler: „Ich habe in allen den Jahren immer wieder stark erlebt, dass alle Aktivitäten auf die Klienten ausgerichtet sind, um so das Beste für sie zu erreichen.“ Alles Handeln stand und steht dabei unter der Kolpingprogrammatik „Menschen begleiten, fördern und bilden“.
Durch den Ausbau des Bildungswerks könne Kolping nun an vielen Standorten aktiv sein, „und wir können die Menschen anders erreichen als zu Beginn, wo Kolping fast nur auf Bamberg begrenzt war“, so Kohler. Die Ausweitung der Standorte ist nach seinen Worten bis heute auch eine große Motivation für die Teams, die vor Ort die Bildungs- und Integrationsarbeit leisten. „Es herrscht unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein offenes Klima, es gibt einen guten und offenen Austausch unter den Standorten und die Teams nehmen sehr selbstständig ihre Aufgaben wahr.“
Dass diese Arbeit angenommen wird, zeigt nach Kohlers Aussage die Tatsache, dass pro Jahr über 10 000 Menschen die Fortbildungsangebote von Kolping annehmen.
Als einen Erfolg bewertet der bisherige Kolpingvorstand auch die Organisationsreform in den 1990er Jahren. In deren Zuge wurde auch das Kolping-Schulwerk gegründet, das der Träger der Berufsschule ist. Seit dieser Zeit werden Jugendliche mit einem speziellen Förderbedarf auf dem Weg in den Beruf begleitet. „Das Erzbistum und die Bundesanstalt für Arbeit sind uns dabei wichtige Partner“, betont Wolfram Kohler.
Ende der 1990er Jahre wurde zudem die Kolping-Akademie gegründet, die seitdem Kurse und Fördermaßnahmen für die Qualifikation von Fach- und Führungskräften anbietet. Seit 2018 nimmt sich die Akademie einem Spezialfeld an, dem E-Learning, das vor allem dann in der Coronazeit stark nachgefragt wurde. Und auch heute ist der Unterricht in VIONA durchaus ein wichtiger Faktor in der beruflichen Weiterbildung.
Während der Zeit der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland baute die Bundesanstalt für Arbeit (BA) ihre Fördermaßnahmen für Arbeitslose stark aus, und das Kolping-Bildungswerk erhielt in den BA-Ausschreibungen für seine Angebote viele Zuschläge. „So konnten wir an den Standorten von Ansbach bis Coburg unsere Angebote gerade für diese Menschen ausweiten“, so Kohler, der sich in diesem Zusammenhang dankbar für das Engagement der Kolping-Mitarbeitenden zeigt, die die großen Herausforderungen damals meistern konnten.
Ein weiteres Thema war und ist für Kohler die Unterstützung von jungen Menschen, vor allem in Schulen. So wurden in den 2010er Jahren Schulkooperationen entwickelt, aus denen heraus sich unter anderem Ganztagsschulbegleitungen entstanden sowie Projekte zur Unterstützung der Lehrkräfte. Und im November 2010 wurde die Kolping-Bildungs-Stiftung ins Leben gerufen, die sich vor allem der Unterstützung junger Geflüchteter annimmt – ein Herzensanliegen von Wolfram Kohler. Mit Hilfe der Stiftung erhalten junge Geflüchtete eine spezielle Förderung, damit sie die Herausforderungen in einem neuen Umfeld besser meistern können.
Ein wichtiges Thema in der jüngeren Vergangenheit ist nach Kohlers Worten die Nachhaltigkeit. So habe man sich das gesamte Unternehmen unter diesem Aspekt angeschaut. Wolfram Kohler: „Seit 2023 ist das Bildungswerk Bamberg zu 100 Prozent klimaneutral.“ Treibhausgas-Emissionen, die dennoch anfallen, kompensiere man mit hochwertigen Klimaschutzzertifikaten.
„Und mit unserem Geschäftsfeld ,Kolping Services‘ leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Einsparung wertvoller Ressourcen“, betont er und verweist auf die Second-Hand-Shops mit einem umfangreichen Angebot. Mit dem Verkaufserlös wiederum werden benachteiligte Menschen gefördert und in den Arbeitsmarkt integriert, „und außerdem werden neue soziale Projekte geschaffen und unterstützt“.
Dass mit Dirk Liebherr als seinem Nachfolger nun ein Mann an der Spitze steht, der seit inzwischen zehn Jahren beim Kolping-Bildungswerk arbeitet, sieht Wolfram Kohler als ein gutes Zeichen für Kontinuität. „Und wenn er Fragen hat, bin ich für ihn da. Ich bin ja nicht aus der Welt, sondern im Ruhestand.“