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Psychologin: Offen bleiben für Freude und Inspiration im Alltag

Weinheim (KNA) – Bei einem Spaziergang oder einer Tasse Tee können nach Worten der Psychologin Verena Kast "mystische Momente" entstehen. "Man hat oft das Gefühl, es müsse etwas ganz Verrücktes sein", sagte sie im Interview der Zeitschrift "Psychologie Heute" (Dezember-Ausgabe). Letztlich gehe es jedoch "um eine Situation, in der wir ganz im Hier und Jetzt sind. Wir sehen etwas Alltägliches, etwa ein Baby oder eine Landschaft, und sind berührt davon, wir haben eine innere Antwort darauf."

 

Emotionen wie Freude, Inspiration oder Hoffnung habe die Psychologie lange vernachlässigt, erklärte Kast. Das Fach habe vor allem schwierige Gefühle in den Fokus genommen, "etwa die Angst, weil sie enorm viele psychische Störungen verursacht". Dies habe durchaus seine Berechtigung - allerdings könnten Momente, in denen Menschen sich erhoben fühlten, dazu eine Art Gegenpol bilden.

 

So wollten Menschen anderen nahe sein, wenn sie sich freuten oder besonders bewegt seien. "Wir werden dadurch sozialer und verbinden uns dann mit anderen", so die Expertin. In der Coronazeit habe sich gezeigt, "dass jene Menschen, die in Kontakt mit ihrer Innenwelt stehen, die bewusst wahrnehmen und Fantasien haben, wesentlich besser mit den Belastungen zurechtgekommen sind. Eben weil sie sich auf diese Resonanzerfahrungen leichter einschwingen können, die wir unter anderem mit der Natur machen." Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob die Innenwelt durch die Erfahrungen der Pandemie nun breitere Aufmerksamkeit erhalte.

 

Kast riet jeder und jedem Einzelnen, sich die Zeit für entsprechende Momente zu nehmen. "Auch wenn man gelegentlich wahnsinnig viel zu tun hat, kann man sich ein bisschen davon herausschneiden, und sei es nur für 20 Minuten, in denen man ins Grüne schaut, mehr braucht es nicht."

 

Wer auf einem Spaziergang innerlich das nächste Gespräch vorbereite, nehme die Außenwelt kaum wahr. Auf Dauer suchten die Menschen dann Action und würden zu Getriebenen, mahnte die Expertin. "Schauen wir genauer hin, entdecken, riechen oder schmecken etwas, dann sind wir mit der äußeren Welt und gleichzeitig mit unseren inneren Bildern und Fantasien in Kontakt." Diese Freude habe oftmals unmittelbare körperliche Auswirkungen, etwa durch ein Lächeln oder den Impuls, zu tanzen oder zu springen.