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Anwältin Westpfahl tot

 

München (KNA) – Die Münchner Anwältin Marion Westpfahl ist tot. Sie starb im Alter von 74 Jahren am 16. August, wie aus der von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) in der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag) veröffentlichten Todesanzeige hervorgeht. Die Dienste der Kanzlei waren in den vergangenen Jahren vor allem bei der katholischen Kirche gefragt. So erstellte WSW im Auftrag des Erzbistums München und Freising zwei weltweit für Schlagzeilen sorgende Missbrauchsgutachten (2010/2022) und ein weiteres für das Bistum Aachen (2020).
Auch für das Erzbistum Köln waren die WSW-Anwälte tätig. Ende 2018 hatte dieses eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Nachdem andere Juristen der Expertise „methodische Mängel“ vorwarfen, ließ Kardinal Rainer Maria Woelki sie aber nicht veröffentlichen und gab ein neues Gutachten beim Kölner Strafrechtler Björn Gercke in Auftrag. 2021 durften Journalisten doch noch in eingeschränktem Maße das WSW-Gutachten lesen. Außerdem vertritt die Kanzlei das Bistum Eichstätt in dem 2019 bekanntgewordenen Finanzskandal.
Die in Frankfurt am Mai geborene Westpfahl studierte laut der Internetseite ihrer Kanzlei Rechtswissenschaften in München. Sie war später als Staatsanwältin und Richterin in exponierter Stellung in München tätig sowie in der Zeit von 1971 bis 1982 als Ausbildungsleiterin für Rechtsreferendare. 1986 wurde die Juristin an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität promoviert. Bereits seit 1982 arbeitete sie als niedergelassene Rechtsanwältin.
In der Todesanzeige, die im Namen der Anwälte und aller weiteren Mitarbeiter der Kanzlei formuliert ist, heißt es: „Unsere Kollegin, aber auch insbesondere Seniorpartnerin war über Jahrzehnte hinweg unser Vorbild und Ansprechpartnerin für alle kleinen und großen Probleme. Sie war unsere mütterliche Ratgeberin und erfahrene Kollegin.“ Westpfahl werde fehlen. Sie habe aber Erfahrungen hinterlassen, „die für uns prägend waren und auch künftig bleiben werden“.
Bei der Vorstellung des zweiten Gutachtens für die Erzdiözese München und Freising im Januar 2022, das den sexuellen Missbrauch im Erzbistum von 1945 bis 2019 untersuchte, führte die Anwältin das Wort. Sie sprach von einem „erschreckenden System der Vertuschung“. Zudem wurde die Juristin persönlich. So sagte Westpfahl, vor einem halben Jahrhundert habe sie im Erstkommunion-Unterricht gelernt, wie eine Beichte zu verrichten sei. Zur „Gewissenserforschung“ seien die Kinder angehalten worden, zum Bekenntnis der Sünden und zur Reue. „Was den zehnjährigen Kindern abverlangt wird, muss die Messlatte für die Kirche und ihre führenden Repräsentanten sein.“ Alles andere wäre ein Verrat an den Grundlagen des christlichen Glaubens.