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Mainzer Bischof: Schmerzensgelder aus Kirchensteuermitteln möglich

Düsseldorf/Mainz (epd) - Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf schließt nicht aus, dass Schmerzensgeld-Zahlungen an Opfer von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche künftig aus Kirchensteuermitteln geleistet werden. „Wenn es so weit käme, dass die Zinserträge des Bistumsfonds nicht mehr ausreichen und Kirchensteuermittel nötig werden, müssten wir noch einmal neu überlegen“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). Auf die Frage, ob sich die katholische Kirche von einer Solidargemeinschaft zur Haftungsgemeinschaft wandle, sagte Kohlgraf:

„Moralisch gesehen sind wir fast schon in einer Haftungsgemeinschaft.“
Hintergrund ist ein Gerichtsurteil, wonach das Erzbistum Köln einem Betroffenen von sexualisierter Gewalt 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen muss und damit als Institution in die Haftung genommen wird. Kohlgraf sagte, er glaube, dass diese Entscheidung „für alle Bistümer relevant sein kann und relevant sein wird“. Es liege allerdings immer in der Hand des einzelnen Betroffenen, ob er zivilrechtliche Schritte einleitet. „Es ist das gute Recht jedes Betroffenen. Die entscheidende Frage wird immer sein, ob es ein institutionelles Versagen war. Jeder einzelne Fall muss geprüft werden. Und ja, es verändert noch einmal die Situation.“
Als einen Vorteil der bisherigen kirchlichen Praxis mit ihren unabhängigen Kommissionen nannte Kohlgraf die Niederschwelligkeit. Es gehe dabei nicht mehr um die Offenlegung aller Details des erlittenen Missbrauchs. Das werde im staatlichen Verfahren anders sein.
Wegen des langjährigen sexuellen Missbrauchs durch einen katholischen Priester muss das Erzbistum Köln laut dem Urteil des Landgerichts Köln vom Juni (AZ: 5 O 197/22) einem Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zahlen. Obwohl der Täter gestorben und die Taten verjährt sind, hatte der Anwalt des Betroffenen das Erzbistum mit Verweis auf die sogenannte Amtshaftung der Kirche als öffentlich-rechtliche Institution in einem Zivilverfahren verklagt. Das Erzbistum hatte darauf verzichtet, die Verjährung geltend zu machen.