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Erzbischof: Christen im Irak wollen als Bürger anerkannt werden

München (KNA) - Christen im Irak sehen sich nach den Worten des syrisch-katholischen Erzbischofs Nathanael Nizar Wadih Semaan nach wie vor als Bürger zweiter Klasse. Dies teilte das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ am Donnerstag in München mit. Daran habe auch der Sturz des Regimes von Saddam Hussein nichts geändert. Der Kirchenmann betonte: „Wir fordern eine Verfassung, die sich auf Menschlichkeit gründet - nicht auf Religion.“ Denn eine Verfassung, die auf einer bestimmten Religion basiere, bedeute, dass man gemäß dieser behandelt werden könne. Das aber möchten die Christen nicht. Sie wollten vielmehr als „irakische Bürger“ behandelt werden.
Nizar leitet die syrisch-katholische Kirchenprovinz Adiabene mit Sitz in Ankawa bei Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Seinen Worten zufolge bemühen sich die Christen um gute Beziehungen zur Zentralregierung wie zur kurdischen Verwaltung. Sie verlangten nichts Besonderes, sondern nur, dass ihre Menschenwürde genauso akzeptiert werde wie die aller anderen Iraker.
Laut des im Frühjahr 2023 auf Deutsch erschienenen Berichts „Verfolgt und vergessen?“ von „Kirche in Not“ ist die derzeit gültige irakische Verfassung von 2005 widersprüchlich. Sie schütze zum einen die religiösen Rechte von Christen und anderen Minderheiten. Zum anderen bestimme sie den „Islam zur Staatsreligion und zu einer Quelle der Gesetzgebung“. Der Übertritt vom Islam zum Christentum sei gesetzlich verboten. Christen fühlten sich nach wie vor in Eigentumsfragen, am Arbeitsplatz und bei öffentlichen Ämtern benachteiligt. Hinzu komme die anhaltende Bedrohung durch Schläferzellen des „Islamischen Staates“ (IS).
Die irakische Regierung habe sich aber auch Christen und andere religiöse Minderheiten zugewandt, heißt es. So sei Weihnachten seit 2020 ein nationaler Feiertag. Große Bedeutung habe der Irak-Besuch von Papst Franziskus im März 2021 gehabt, der den Christen Hoffnung gegeben habe. - Die Zahl der Christen im Irak liegt nach Schätzungen von „Kirche in Not“ heute bei 150.000, im Jahr 2014 waren es noch etwa doppelt so viele. Damals hätten die Eroberungen des IS begonnen, die zu einem Völkermord an der christlichen Minderheit geführt und Zehntausende zur Flucht gezwungen hätten.