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Süddeutsche Zeitung: Durchsuchung im Erzbistum München

München (KNA) - Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei haben offenbar im Rahmen von Ermittlungen im kirchlichen Missbrauchsskandal Räumlichkeiten des Erzbistums München durchsucht. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Sonntag online berichtete, fand die Aktion am 16. Februar im Ordinariat und im Erzbischöflichen Palais statt. Dabei sollen die Staatsanwälte und Kripobeamten dem Gerücht nachgegangen sein, dass es in dem Erzbistum einen „Giftschrank“ mit heiklen Akten zu Missbrauchsfällen geben könnte.
Laut der Zeitung sollen die Ermittler nichts gefunden haben. Davon unabhängig habe das Erzbistum bislang, „soweit bekannt“, die von der Staatsanwaltschaft gewünschten Unterlagen immer herausgegeben, auch ohne Durchsuchung. Das Ordinariat ist die Verwaltungszentrale des Erzbistums, das Palais Amts- und Wohnsitz des Erzbischofs. Gegen den amtierenden Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, richte sich kein Verdacht der Justiz, hieß es.
Formaler Anlass der Durchsuchung sollen Ermittlungen zu „Fall 26“ aus dem Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl sein. Darin geht es um den Umgang des Erzbistums mit einem Priester, der Anfang der 1960er-Jahre zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Der inzwischen verstorbene Mann war demnach schuldig des Missbrauchs in 14 Fällen, die Opfer waren Jungen im Alter von zehn bis 13 Jahren. Trotzdem habe der Priester noch Anfang der 2000er-Jahre Ministranten Zugang zu seiner Privatsauna gewährt und sei mit ihnen in den Urlaub gefahren, ohne dass kirchenrechtliche Sanktionen gegen ihn verhängt worden seien.
Die Aktion der Staatsanwaltschaft werten Beobachter als politisches Signal. Bisher überlässt der Staat Aufarbeitung und Aufklärung des Missbrauchsskandals weitgehend den Kirchen selbst. Kritiker fordern ein konsequenteres Vorgehen des Staates.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sprach sich im Dezember für die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle für Opfer von Missbrauch im kirchlichen Bereich aus. Sein Ministerium erklärte: „Durch eine unabhängige Beratungsstelle sollen die Betroffenen besser (persönlich, psychologisch und rechtlich) begleitet und unterstützt werden.“ Die neu zu schaffende Stelle solle durch Kirchenmittel finanziert werden.