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Militärseelsorge noch nie so viel nachgefragt

Hamburg (KNA) – Was bedeutet der russische Angriffskrieg für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr? Welche Sorgen haben sie? Der katholische Theologe und ehemalige Militärpfarrer Heinrich Dierkes ist stellvertretender Leiter des Hamburger Zentrums für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis). Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht er über die gestiegene Nachfrage nach Gesprächen bei der Militärseelsorge und über das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“.

Herr Dierkes, vor einem Jahr hat Russlands Krieg gegen die Ukraine begonnen. Was hat sich seitdem für die Menschen in der Bundeswehr verändert?
Dierkes: Krieg ist für sie auf einmal konkret und direkt geworden. Von der Marine übers Heer bis zum Sanitätsdienst ist das Bewusstsein für den Krieg überall im täglichen Dienst angekommen. Der Sanitätsdienst etwa versorgt ja seit Kriegsbeginn in den Bundeswehrkrankenhäusern Verletzte aus der Ukraine.

Krieg ist erst jetzt konkret geworden – trotz der Bundeswehreinsätze in Mali oder Afghanistan?
Dierkes: Es ist etwas anderes, ob ich mit gerade einmal 2000 Mann in Afghanistan bin und dort überwiegend Friedensförderung betreibe, oder ob ich die gesamte Bundeswehr-Struktur auf Krieg in Europa einstelle. Mit der sogenannten Zeitenwende ist der Bundeswehr klar geworden, dass Kämpfe in Europa auch für sie nicht nur Theorie sind. Die Soldatinnen und Soldaten merken, dass ihnen Waffen und Material entzogen werden – die ja häufig auch eher rudimentär vorhanden sind. Sie bilden ukrainische Soldaten daran aus und werden an den Grenzen zu Russland stationiert. Auch die Drohgebärde von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, Atomwaffen einzusetzen, geistert plötzlich wieder als reales Szenario herum. All das verändert das Leben der Soldatinnen und Soldaten massiv.

Wie gehen die Betroffenen damit um?
Dierkes: Ich höre aus der Fläche, dass sie deutlich mehr um Gespräche bei der Militärseelsorge bitten. Noch nie wurde sie so viel in Anspruch genommen. Dass es Angst gibt, sieht man allein daran, wie viele Leute jetzt den Kriegsdienst verweigern. Die Bundeswehr besteht ja nicht aus lauter Wüterichen und Kriegern, die schießen und ballern und kämpfen wollen. Einige sind beispielsweise zur Bundeswehr gegangen, weil sie dort zum Beispiel die Möglichkeit bekommen, zu studieren und währenddessen schon ein gutes Gehalt zu verdienen. Die Versorgung und das Verlässliche insgesamt stimmt. Jetzt merken sie: Es wird ernst, ich bin ja noch Soldat; ich könnte töten müssen oder auf mich könnte geschossen werden.   …

Das ausführliche Interview lesen Sie in der Ausgabe 09/2023