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Ukraine-Krieg: Bischöfe sehen „Macht und Realität des Bösen“

Mainz/Essen (KNA) - Im Krieg Russlands gegen die Ukraine zeigt sich nach Ansicht von katholischen deutschen Bischöfen eine über die Gewaltanwendung hinausgehende abgründige Dimension. Der Pax Christi-Präsident und Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Wir sind heute konfrontiert mit der ganzen Macht des Bösen.“ Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck betonte: „Nicht nur dieser Krieg zeigt, dass es die Realität des Bösen gibt.“
Overbeck (58) sagte der KNA weiter, er sei nun bald zwölf Jahre Militärbischof der Bundeswehr. In dieser Zeit habe es schreckliche kriegerische Konflikte in Afghanistan, in Syrien, im Irak, aber auch in Mali sowie bürgerkriegsähnliche Zustände in manchen Ländern Lateinamerikas gegeben. „Diese Vielschichtigkeit der Realität des Bösen bringt mich dazu, alles in meiner Macht stehende zu tun, um auf gerechten Frieden hinzuwirken“, sagte der Essener Bischof.
Zur Frage, warum er kürzlich den Versuch Russlands, die Stärke des Rechts durch das Recht des Stärkeren zu ersetzen, als „teuflisch“ bezeichnet hatte, sagte der Militärbischof: „Der Teufel ist ein altes Bild für das Böse. Ich wollte damit darauf aufmerksam machen, dass es hier nicht einfach nur um eine Methode der Gewaltanwendung geht, sondern um die Abgründigkeit dessen, wozu ein Mensch fähig ist, der das Gute nicht will.“
Kohlgraf betonte: „Wir dürfen uns die Realität nicht rosarot malen, auch als Christen nicht.“ Manchmal formuliere man die christliche Botschaft „zu harmlos, nach dem Motto: Gott hat alle lieb, Gott vergibt allen“. Vergebung gebe es jedoch nur in Verbindung mit Gerechtigkeit. Das heiße auch, dass Täter zur Verantwortung gezogen werden müssten.
Kohlgraf (55), der seit 2019 Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi International ist, sagte zur Frage, ob pazifistische Positionen heute noch eine Bedeutung haben: „Es wäre schlimm, wenn pazifistische Positionen überhaupt keine Bedeutung mehr hätten. Sie sind vielleicht nicht realpolitisch, aber wir brauchen auch eine Perspektive für die Zukunft, die mehr ist als Rache und Vergeltung, Bedrohung durch Waffen und Säbelrasseln.“ Auch pazifistische Positionen, „so sehr sie im Moment auch belächelt oder kritisiert werden“, blieben für die Gestaltung einer Zukunftsordnung unverzichtbar.