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Antisemitismus in Bayern weiter auf dem Vormarsch

München (epd) - Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern nimmt laut Justizminister Georg Eisenreich (CSU) weiter zu. Diese Entwicklung sei in ganz Deutschland und auch in Europa zu beobachten, das Dunkelfeld sei beträchtlich, sagte Eisenreich am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in München. Der Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle ergänzte, dass es 2020 insgesamt 353 antisemitische Straftaten in Bayern gegeben habe, 2021 dann 510, für 2022 gebe es nochmals eine Steigerung. Konkrete Zahlen für das laufende Jahr nannte er nicht.
Mehr als die Hälfte der Vorfälle hätten Bezug zum Holocaust, sagte Eisenreich. Dies sei vor allem bei den Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen deutlich geworden, als zahlreiche Menschen gelbe „Judensterne“ mit der Aufschrift „Ungeimpft“ am Arm trugen. Dies sei eine unerträgliche Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus und Relativierung der NS-Verbrechen. Es sei frappierend, wie schnell manche Menschen während der Corona-Pandemie in judenfeindliche Stereotype zurückgefallen seien, sagte der zentrale Antisemitismus-Beauftragte der bayerischen Justiz, Andreas Franck.
Franck, der der erste Spezial-Staatsanwalt dieser Art in Deutschland ist, stellte bei der Pressekonferenz seine Bilanz nach einjähriger Amtszeit vor. Seit seinem Amtsantritt am 1. Oktober 2021 hätten die Staatsanwaltschaften im Freistaat 657 Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Straftaten eingeleitet. Er selbst habe 65 Ermittlungsverfahren von bayernweiter Relevanz eingeleitet sowie 36 Prüfvorgänge.
Bei der Verbreitung antisemitischer Inhalte spiele das Internet eine erhebliche Rolle, in rund 30 bis 40 Prozent der Fälle, erläuterte Franck. Der Großteil der Straftaten seien Bedrohungen, Volksverhetzung und das Zeigen verfassungswidriger Symbole. Körperverletzungen kämen in nur in geringer Zahl vor.
Er wolle Jüdinnen und Juden dazu ermutigen, Anzeige zu erstatten, wenn sie Opfer antisemitischer Attacken würden, sagte Franck weiter. Außerdem wolle er die Beziehung zur jüdischen Community weiter stärken. Als weitere zentrale Aufgabe nannte er die Sensibilisierung von Polizei und Lehrkräften für Antisemitismus. Die Polizei sei die erste Anlaufstelle für Betroffene, die Beamten müssten daher antisemitische Bezüge einordnen können. Auch Lehrkräfte müssten antisemitische Äußerungen ihrer Schüler erkennen können.