· 

"An den Kindern wird nicht gespart"

Bayerns Familien- und Sozialministerin Ulrike Scharf (links) besuchte gemeinsam mit der Bamberger Landtagsabgeordneten Melanie Huml den Kindergarten St. Gisela in der Gereuth. Foto: Benjamin Kemmer
Bayerns Familien- und Sozialministerin Ulrike Scharf (links) besuchte gemeinsam mit der Bamberger Landtagsabgeordneten Melanie Huml den Kindergarten St. Gisela in der Gereuth. Foto: Benjamin Kemmer

Bamberg (kem) – Als Bayerns Familien- und Sozialminister Ulrike Scharf den Kindergarten St. Gisela in der Bamberger Gereuth gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Melanie Huml betritt, wird sie von Einrichtungsleiterin Jasmin Lucenti-Kareem empfangen. „Sie erleben uns heute völlig ungeschminkt“, begrüßt sie die Kita-Chefin. Krankes Personal inklusive einer kranken Küchenkraft zeigen, wie der Alltag in Bayerns Kindertagesstätten auch laufen kann. „Wir helfen hier alle zusammen, dann klappt das schon“, so Lucenti-Kareem. 

 

Solche Momente sind es, die laut der Ministerin wertvoll sind. Denn nur, wenn von den Experten aus der Praxis gespiegelt werde, wo es hakt, könne man in der Gesetzgebung reagieren und reformieren. So geschieht dies auch aktuell mit dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – kurz BayKiBiG. Das 2005 verabschiedete und inzwischen etwas in die Jahre gekommene Papier steht momentan im bayerischen Kabinett auf dem Prüfstand. Damit auch die Basis bei dieser Reform etwas mitreden kann, trafen sich Scharf und Huml im Anschluss an den Kindergartenbesuch im Pfarrsaal von St. Gangolf mit Experten. Vertreten waren Einrichtungsleitungen, Geschäftsführer und weitere Abgesandte von eben jenen Trägern, die in Oberfranken für die Betreuung der Jüngsten verantwortlich sind – von den Kirchen bis zu den Kommunen, vom Roten Kreuz bis zur Caritas. 

 

800 Millionen für Betreuung

 

„An den Kindern wird nicht gespart“, sagte die Sozialministerin zu Beginn der Diskussionsrunde plakativ. Zwar werde das bayerische Familiengeld ab dem kommenden Jahr auslaufen, doch bleibe das Geld weiterhin für die Kinderbetreuung eingeplant. „Wir nehmen diese 800 Millionen Euro und stecken sie komplett in unsere Zukunft“, so Scharf, die auch betonte, dass man mit der Reform des BayKiBiG vor allem eines bezwecke: die Bürokratie abzubauen, damit mehr Zeit für die Menschen übrig bleibt, um die es eigentlich geht – die Kinder. 

 

„Wir wollen so viele Fälle wie möglich in der gesetzlichen Basisförderung abbilden. Damit allein sollen jährlich zehntausend Anträge wegfallen“, so Scharf. Dies stieß auch bei ihrem Publikum auf breite Zustimmung, denn die Bürokratie und Dokumentation nehme immer mehr zu, sodass für Einrichtungsleitungen kaum Zeit bleibe, sich noch am Tagesgeschäft zu beteiligen. „Aber wir sind doch alle vom Fach und wollen das auch“, erklärte eine Teilnehmerin, die anprangerte, dass kaum noch Zeit für die Praxis bleibe. „So finden wir keine Leitungen mehr.“

 

Ein anderer Teilnehmer brachte die Ministerin zum Schmunzeln. Er trug einen Satz aus einem Förderantrag für Assistenzkräfte vor, in dem es darum ging, wie die Vergütung ausgerechnet werden solle. Als er mit dem Sprachungetüm fertig war, gab es spontanen Applaus aus dem Publikum. Ulrike Scharf nahm das zum Anlass noch einmal zu erklären, warum die Reform des Gesetzes so wichtig sei. „Seit 2005 hat sich in der Kinderbetreuung viel getan und auch viel verändert. Ich vergleiche das immer mit einem Haus, an das immer wieder neu angebaut wird. Daher wird es nun Zeit, das Ganze anzuschauen und all das was über die Jahre angestückelt wurde, gleich mit ins Basisgesetz zu nehmen.“

 

Bauen war das Stichwort für viele weitere Meldungen gerade von den Kita-Trägern. Diese stehen ob der immer höher steigenden Kosten vor immensen Herausforderungen, was Neubauten und auch Sanierungen von Gebäuden angehe. Hier stellte sich Scharf vor das Gesetz. „Wir geben ziemlich wenig vor, wie Kitas gebaut werden müssen“, so die Ministerin. Natürlich dürfen Brand- und Arbeitsschutz nicht umgangen werden, aber ansonsten gebe es aus ihrem Hause viel weniger Anordnungen, als man annehmen könnte. „Da müssen wir uns vielleicht auch einmal auf das zurückbesinnen was wirklich wichtig ist. Manchmal wollen sich Träger, Eltern und Architekten bei solchen Objekten auch ein wenig selbst verwirklichen.“ 

 

Scharf berichtete von einem Fall, bei dem es darum ging, ob nun ein Kneipp-Becken in einem Kindergarten förderfähig sei oder nicht. Dennoch kündigte sie an, dass ihr Ministerium demnächst eine „Muster-Kita“ veröffentlichen werde. „Hier wird gezeigt, welche Mindestanforderungen wir an Kindertagesstätten haben.“ 

 

Ein weiteres Thema, das nicht nur den Teilnehmenden, sondern auch Scharf sehr am Herzen lag, sind die Kinder mit besonderem Förder- und Eingliederungsbedarf. Hier stieg die Zahl in den vergangenen zwölf Jahren in Bayern um 400 Prozent. Auch hier versprach die Ministerin, dass deren Belange bei der Reform besonders berücksichtigt würden.

 

Notiert und mitgenommen

 

Scharf hörte sich die Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an und notierte vieles. Sie dankte für den regen Austausch und die konstruktiven Vorschläge und versprach, alles prüfen zu lassen und gegebenenfalls im Gesetzgebungsverfahren mit einzubringen. Die Ministerin schloss mit den Worten „Wenn viele – gerade aus der Praxis – mitdenken, kann etwas Gutes entstehen, das vielleicht wieder 20 Jahre hält.“