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Historikerin: Nürnberger Prozess ein Meilenstein für Völkerstrafrecht

Köln/Nürnberg (KNA) –  Die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse nur ein halbes Jahr nach Ende des Nazi-Regimes sind nach Worten der Historikerin Nina Lutz eine "unglaubliche Leistung" gewesen. Es handele sich dabei um einen "Meilenstein" bei der Etablierung des modernen Völkerstrafrechts, sagte die Leiterin des "Memoriums Nürnberger Prozesse" in Nürnberg am Donnerstag im Deutschlandfunk. Seinerzeit habe man mit dem Prozess aufklären und Verbrechen aufdecken wollen.

 

Die Prozesse vor 80 Jahren gegen NS-Hauptkriegsverbrecher hätten heute eine große Bedeutung: Je mehr das Völkerstrafrecht unter Druck gerate, desto eher schaue man wieder auf die Nürnberger Prozesse. Damals hätten sich unterschiedlichste Parteien mit unterschiedlichen politischen und auch juristischen Systemen zusammengefunden, um dem "Recht den Vorzug vor der Rache" zu geben. Dies sei heute immer wieder ein guter Bezugspunkt, betonte Lutz.

 

Früh über Ahndung von Verbrechen nachgedacht

 

Dass die Prozesse schon so früh hätten stattfinden können, habe eine Vorgeschichte gehabt. Schon im Zweiten Weltkrieg hätten sich die Anti-Hitler-Koalition und Exilregierungen darüber Gedanken gemacht, wie man nach der NS-Zeit mit den begangenen Verbrechen umgehen könne. Dass vor 80 Jahren bei den Prozessen auch Todesstrafen verhängt worden seien, sei damals gängige Rechtspraxis gewesen: Die meisten Staaten hätten diese Strafe für Mord vorgesehen, erklärte Lutz im Deutschlandfunk.

 

Am 20. November 1945 begann in Nürnberg, der früheren Stadt der Reichsparteitage, ein bis dahin weltweit einmaliger Prozess. Vor Gericht standen unter anderem "Reichsmarschall" Hermann Göring, Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und Außenminister Joachim von Ribbentrop. Zwölf Todesurteile verhängte der Militärgerichtshof schließlich am 1. Oktober 1946 und sieben langjährige Haftstrafen. Drei Angeklagte wurden freigesprochen. Außerdem wurden NSDAP, Gestapo, SD und SS zu verbrecherischen Organisationen erklärt.