
Bamberg (cid) – Maria Döring ist „Arbeiterin für Gerechtigkeit 2025“. Bei der Preisverleihung im Bistumshaus St. Otto in Bamberg übergab Erzbischof Herwig Gössl der Betriebsratsvorsitzenden der Firma „NPW Schubert GmbH & Co. KG“ mit Sitz in Neunkirchen am Brand eine Urkunde, eine Bronzeplakette und ein Preisgeld. Die Geehrte habe sich mit großem Einsatz, zum Teil bis an den Rand ihrer Kräfte, für Lohngerechtigkeit in dem rund 50 Arbeitnehmer umfassenden Betrieb eingesetzt, sagte der Nürnberger Betriebsseelsorger Martin Plentinger in seiner Laudatio.
15 Jahre nach Kündigung des Tarifvertrags, nach Verhandlungen mit wechselnden Geschäftsführern, nach mehrmaligen Streiks gibt es in der Firma nun einen Haustarif. Döring sei „eine starke Frau, die auf Augenhöhe mit ihrem Gegenüber um Gerechtigkeit kämpfen kann, ohne den anderen dabei zu verletzen oder zu demütigen“, würdigte Plentinger ihren Einsatz.
Die Preisträgerin wurde in den 1960er Jahren als Maria de Magdala Barbas de Medeiros in Caruaru im Nordosten Brasiliens geboren. Da die Eltern früh starben, kam sie zusammen mit einigen ihrer sechs Geschwister zu ihrem Onkel nach Hannover und musste sich in einem fremden Land mit einer fremden Sprache zurechtfinden. Jahre später ging sie zurück nach Brasilien, wurde dort Grundschullehrerin, bevor sie dann mit Ehemann Winnie zurück nach Deutschland kam, nach Neunkirchen am Brand.
Er arbeitete bereits bei NPW, dem Neunkirchener Präzisionsfeder-Werk Schubert, das auf kleine metallische Präzisionsfedern für elektrische Bauteile spezialisiert ist. Döring wurde ab 1999 Teil der Belegschaft. Zu dieser Zeit trat der Eigentümer und Senior der Firma, Gerhard Schubert, aus dem Arbeitgeberverband aus und es gab eine lange tariflose Zeit bei der NPW.
„Was schon in meiner Kindheit grundgelegt ist, das Gefühl der Verantwortung, sich für andere einzusetzen, für die, die nicht in der Lage sind, sich zu wehren oder für sich selbst zu sprechen“ – dies bewegte Döring, für den Betriebsrat zu kandidieren. Später wurde sie dessen Vorsitzende.
In dieser Zeit stieg der Organisationsgrad in der Gewerkschaft von einigen wenigen Arbeitnehmern auf 75 Prozent. Der Einsatz für Verhandlungen um einen Haustarif und für Gespräche mit der Gewerkschaft seien, so Laudator Plentinger, schwierig gewesen. Die Firma hatte mit Einsparungen begonnen. Es sei Druck auf die Beschäftigten und die Betriebsratsvorsitzende ausgeübt worden. Warnstreiks für eine angemessene und verlässliche Vergütung führten schließlich zum Erfolg, zum neuen Haustarif.
„Es ist und war für dich eine Arbeit mit Herz und Seele“, sagte Plentinger. Für Maria Döring habe es „immer Wege gegeben, die weitergegangen sind, obwohl ich manchmal gedacht habe, es geht nicht weiter“. Und sie sagte: „Am Ende des Tages muss es Gerechtigkeit geben, muss der Mensch in seinem Wert gesehen werden…und die Wertschätzung dieser Menschen und ihre Arbeit, die sie machen, muss…honoriert werden“.
Eingangs hatte der Leiter der Arbeitnehmerpastoral, Norbert Jungkunz, das Thema „Lohngerechtigkeit“ in den Blick genommen. Die Frage nach dem Lohn dürfe nicht nur am Geld und an der Leistung gemessen werden. Es gehe dabei auch um die Verteilung von Lebenschancen, um die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, um persönliche Entfaltungsmöglichkeiten, um den sozialen Status einer Familie, die Zukunft der Kinder, um gesellschaftliche Wertschätzung, den subjektiven Selbstwert, um Gesundheit und die Lebensqualität, auch im Alter.
Jungkunz erinnerte daran, dass die Katholische Soziallehre seit jeher einen gerechten Lohn für die Arbeit fordert. Wer ihn verweigere oder nicht rechtzeitig und im richtigen Verhältnis zur geleisteten Arbeit auszahle, begehe sein schweres Unrecht.
Der Redner wies auf den Niedriglohn hin, zu dem in Deutschland 16 Prozent aller Beschäftigten arbeiteten. „Niedrige Löhne, die auf Dauer ganze Schichten in die Armut treiben, sind nach Maßgabe der Katholischen Soziallehre ein Angriff auf die menschliche Würde.“ Sie seien auch eine Form von struktureller Gewalt.
Bedenklich nannte Jungkunz den Rückgang der Tarifbindung in den Unternehmen. Aktuell seien noch 49 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse durch einen Tarifvertrag geregelt. Nur noch 26 Prozent der Betriebe seien tariflich gebunden. So würden immer mehr Arbeitnehmern vertraglich abgesicherte Arbeits- und Einkommensbedingungen vorenthalten. Ihnen drohten längere Arbeitszeiten und niedrigere Löhne.
Auch die Tatsache, dass Frauen bei gleicher Arbeit weniger als Männer verdienen, widerspreche der Vorstellung eines gerechten Lohns. Betriebsseelsorge und Katholische Arbeitnehmer-Bewegung unterstützten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihren Kampf um gerechte Entlohnung „in einem Wirtschaftssystem, das den Menschen vergisst“. Ein gerechter Lohn stärke den Zusammenhalt in der Gesellschaft, sei der Demokratie förderlich und gebe den Menschen Zufriedenheit.
Bei der Überreichung von Urkunde und Medaille an Maria Döring würdigte Erzbischof Gössl ihren Einsatz für Gerechtigkeit. Dieser sei auch Friedensarbeit. Der Glaube gebe Kraft zum Weitergehen, sagte er zu der Preisträgerin, die auch eine begeisterte Pilgerin auf dem Jakobsweg ist. Und er verband dies mit dem Wunsch, dass die Kraft für den Einsatz für Gerechtigkeit nie ausgehen möge.
In ihren Dank schloss Maria Döring alle ein, die sich mit ihr für faire Löhne, für Sicherheit und Wertschätzung der Beschäftigten eingesetzt hatten, Familie, Belegschaft, Betriebsräte sowie sie unterstützende Gewerkschaftsvertreter. „Nur gemeinsam sind und waren wir in der Lage, Veränderungen zu bewirken.“
Gestiftet wurde der Preis „Arbeiter für Gerechtigkeit“ vom ersten Betriebsseelsorger des Erzbistums, Prälat Norbert Przibyllok. Die Auszeichnung geht an Einzelpersonen oder Gremien aus der Arbeitnehmerschaft, die sich in ihrem Einsatz für mehr Solidarität, Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit im Betrieb besonders verdient gemacht haben. Das Preisgeld beträgt 500 Euro.
