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Vom Nachrichtendienst zum Heiligen Stuhl

Vatikanstadt (KNA) – Zwei Dinge machten die Arbeit als Chef des Bundesnachrichtendienstes beherrschbar: eine gewisse, vom lieben Gott gegebene Physis, ruhige Nerven, sowie Gewohnheit. So beschrieb damals der scheidende Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, seine fast zehnjährige Amtszeit. Für seinen neuen Posten in Rom benötigt Kahl zusätzlich seine rheinische Geselligkeit, Freude an „la bella vita“ und Toleranz für römische Chaosbewältigung. Am vergangenen Samstag überreichte Kahl dem Papst ein Beglaubigungsschreiben als Botschafter der Bundesrepublik beim Heiligen Stuhl.

 

Sein Vorgänger Bernhard Kotsch wechselte nach vier Jahren als Staatssekretär zurück ins Auswärtige Amt. Mit Kahl kommt erneut ein Botschafter nach Rom, der sich zuvor intensiv mit deutschen Nachrichtendiensten beschäftigte und einen besonderen Blick auf das Verhältnis der Bundesrepublik zu anderen Staaten hat.

 

Der neue Botschafter ist kein Karriere-Diplomat – was bei der Besetzung attraktiver Botschafterposten von seinen künftigen Kollegen im Auswärtigem Amt nicht gerne gesehen wird. Doch an der deutschen Vatikan-Botschaft gab es schon mehrere Präzedenzfälle mit „Quereinsteigern“ aufs diplomatische Parkett.

 

Kahl ist engagierter Katholik und Kirchgänger. Er absolvierte die studienbegleitende Journalistenausbildung beim katholischen Institut für publizistische Ausbildung in München. Der Kirche steht er nahe, aber nicht zu nah. Geboren wurde er am 12. Juli 1962 in Essen. Er ist verwitwet und hat zwei erwachsene Töchter. 

 

Nach seinem Abitur am Erzbischöflichen Kardinal-Frings-Gymnasium in Bonn, zu dem er familiär weiter Kontakt pflegt, ging er zur Bundeswehr. Seinen Wehrdienst absolvierte er bei der Frontnachrichtentruppe. Die Verbindung zu den militärischen Nachrichtendiensten pflegt er als Reservist bis heute. Immer wieder ist er auch bei Übungen dabei – zur Einschätzung der „Feindlage“.

 

Im Anschluss an seine Bundeswehrzeit studierte Kahl in Bonn und Lausanne Jura und schloss das Studium mit dem zweiten Staatsexamen ab. Danach ging er 1995 unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) als Referent ins Bundeskanzleramt und wurde im Jahr darauf an die Unionsfraktion abgeordnet.

 

Ab 2005 übernahm er die Leitung des Ministerbüros und wurde zugleich Sprecher des damaligen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble (CDU). Schon 2006 übernahm er den sogenannten Leitungsstab im Bundesinnenministerium. 2010 wechselte er ins Bundesfinanzministerium, quasi mit Schäuble, dessen langjähriger Vertrauter er war.

 

2011 wurde er Leiter der Abteilung zu Privatisierung und Beteiligungen im Bundesfinanzministerium, bevor er 2016 vom damaligen Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) als Nachfolger von Gerhard Schindler an die Spitze des Bundesnachrichtendienstes befördert wurde.

 

Der Botschafterposten in Rom ist ein ganz besonderer. Zu seinen Aufgaben gehört es, für Politiker aus ganz Deutschland Audienzen beim Oberhaupt der weltweit größten Glaubensgemeinschaft einzufädeln und zu organisieren. Seit einigen Jahren versuchen deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl zudem, in der angespannten Lage zwischen der mehrheitlich reform-orientierten katholischen Kirche in Deutschland und der römischen Kirchenzentrale ein Ort der Vermittlung zu sein und Kontakte zu ermöglichen, die es sonst eher selten gibt.

 

Ein Botschafter beim Heiligen Stuhl kann zudem Kontakte pflegen zu Botschaftern aus mehr als 180 Staaten. Die katholische Kirche habe ein weltweit verzweigtes Netz aus haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitern, so Kahl. Da sei ein riesiges Reservoir an Informationen vorhanden. Gerade unter einem US-amerikanischen Papst, der immer wieder zum Frieden aufruft, auf der einen Seite und einem in der internationalen Politik allgegenwärtigen US-Präsidenten Donald Trump auf der anderen bringt der Posten eines deutschen Vatikanbotschafters in den kommenden Jahren ganz neue Herausforderungen mit sich.