
Vierzehnheiligen (ku) – Sie sind in Museen ebenso zu sehen wie in Kirchen oder in den Wohnräumen griechischer oder ukrainischer Familien. Doch so richtig ist kaum jemand mit ihnen vertraut. Die Rede ist von Ikonen. „Hier begegnet uns Fremdes und Vertrautes“, konstatiert Domkapitular Professor Elmar Koziel. Der Rektor der Bildung- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen konnte in der vergangenen Woche viele Gäste begrüßen, die zur Eröffnung der Ausstellung „Ein Stück Himmel auf Erden. Ikonen aus 40 Jahren Schreibkurs“ gekommen waren.
Seit inzwischen vier Jahrzehnten bietet die Katholische Erwachsenenbildung Forchheim, in der Zwischenzeit zur KEB BA-FO-ERH fusioniert, Kurse zum Schreiben von Ikonen an. Zunächst in der Landvolkhochschule Feuerstein, seit einiger Zeit in den Bildungs- und Tagungshäusern Vierzehnheiligen. Zwei Jahrzehnte lang leitete Peter Bauer die Ikonenkurse; seit dessen Tod verantwortet der Theologe Professor Dr. Wolfgang Fleckenstein die Schreibkurse. Er war es auch, der die jetzige Ausstellung in Vierzehnheiligen initiiert und organisiert hat.
In seinen einführenden Worten zur Ausstellung sprach Fleckenstein vom Ikonenmalen als einem „heiligen Handwerk“, werde doch der künstlerische Anspruch zurückgenommen. Stattdessen bekomme die Ikone eine religiöse Dimension. Fleckenstein: „Ikonen sind im eigentlichen Sinne keine Kunstwerke, sonder bildhafte Verkündigung des Glaubens und Vergegenwärtigung des göttlichen Heils. Ikonen suchen also nicht immer wieder einen neuen, künstlerischen Ausdruck. Sie sind aber durchaus ,Werbeplakate der Ostkirche‘, wie es der Ikonenkenner Konrad Onasch einmal ausgedrückt hat.“
Wie der Kursleiter weiter ausführte, entspringen Ikonen nicht aus der Idee des Künstlers, sondern beziehen sich auf die biblischen Schriften, die er als Inspirationsquelle für seine Darstellungen nutzt. „Ikonen sind also so etwas wie eine in Bild gesetzte Meditation biblischer Texte“, sagte Wolfgang Fleckenstein. „Und damit steht die Person im Mittelpunkt, die den christlichen Glauben begründet hat und der in den Evangelien des Neuen Testaments bezeugt wird: Jesus Christus.“
Wie der Referent ausführte, ist jedes Element der Ikonen wohl überlegt ausgewählt und alles auf einer Ikone hat eine symbolische Bedeutung. Das Herstellen von Ikonen führe bei den Schreibern dazu, zur Ruhe zu kommen durch eine sinnvolle Beschäftigung. „Die Menschen spüren beim Ikonenschreiben“, so Professor Fleckenstein weiter, „dass sie auf diese Art und Weise sich tatsächlich dem Göttlichen nähern, dass das Ikonenschreiben eine Begegnung mit dem Göttlichen ermöglicht.“ Bei allen Zweifeln, die man heute an der Existent Gottes haben könne, „die Ikonen bringen das Göttliche anschaulich zum Ausdruck“.
Als Leiter der KEB Forchheim begleitete Helmut Hof 20 Jahre lang die Ikonenschreibkurse und erinnerte sich bei der Ausstellungseröffnung in Vierzehnheiligen an das erste Mal, als er einen Kurs besuchte. „Ich hatte wohl einen besseren Malkurs erwartet“, so Hof mit einem Schmunzeln. „Aber mir begegnete etwas Unerwartetes.“ So habe er einen Raum einer „wachen, lebendigen Stille“ betreten, „und mir wurde klar: hier geschieht etwas ganz anderes als nur das Malen von Bildern“. Und Hof war von Anfang an fasziniert, ließ sich in den Bann ziehen.
So war es denn auch nicht überraschend, dass Helmut Hof während seiner Ansprache eine Ikone auf einem Stuhl neben sich platziert hatte, ein Geschenk, dass er zu seiner Verabschiedung als pädagogischer Leiter der KEB bekommen hatte. Hof: „Die Ikone meiner Wahl war die Verklärung Christi. Christus wird ganz durchsichtig für den unfassbaren Gott, wird gleichsam selbst zur Ikone göttlicher Präsenz. Nachfolge Christi bedeutet, selbst durchsichtig zu werden.“
Als das „Geniale“ an Ikonen bezeichnete Hof, dass sie sich überraschend aktuell erweisen, „denn wer kann den alten Mann mit Bart heute noch wirklich ernst nehmen?“ So werde Gottvater selbst in den Ikonen klassischerweise nie figürlich dargestellt. „Er bleibt ein bildloses Geheimnis und ist doch immer präsent: als der goldene Hintergrund, aus dem all die Gestalten hervortreten und zu dem sie uns hin geleiten wollen.“
Nach Hofs Worten schaffe der Ikonenschreiber die Ikone nicht als sein individuelles Kunstwerk, es gehe ihm nicht um ihn in einem ichhaften Sinne. Vielmehr gehe es darum, etwas „leuchten zu machen, bis es durchsichtig wird. Und das ist vielleicht das Herzstück dieser Ikonenkurse: sich im Schreiben der Ikone in einen Prozess hineinnehmen lassen, der einen selbst verwandelt“.
So wünschte Helmut Hof, dass sich die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung eine Ahnung gewinnen, was Ikonen bedeuten können und sich berühren lassen. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Natalia Hrabarska auf ihrer Bandura, die mit ihrem Spiel und Gesang die Gäste begeisterte.
