· 

Religion spielt beim Online-Dating für manche eine große Rolle - Halal daten

Bonn (KNA) – Online-Dating gehört für viele Menschen längst zum Alltag. Aber während noch vor einiger Zeit die meisten bei Tinder und Co. das schnelle Abenteuer suchten, ist die Branche längst auch in andere Sphären expandiert. Religiöse Dating-Apps und Onlineplattformen versprechen Hilfe beim Finden des gläubigen Partners fürs Leben.

In den USA boomen vor allem christlich-evangelikale Angebote; im deutschsprachigen Raum sind es insbesondere junge heiratswillige Muslime, die online ihren Partner oder ihre Partnerin suchen. Verschiedene Apps und Plattformen bieten inzwischen einen entsprechenden Service an. Auch via Chat bei Telegram oder Threema gibt es Gruppen für die religiöse Heiratsvermittlung.

 

Gemeinsam ins Paradies kommen

 

"Das funktioniert bei strenggläubigen Muslimen oft wie eine altmodische Zeitungsannonce", sagt Mira Menzfeld, Islam-Expertin am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Zürich. "Der große Unterschied zu den weltlichen Plattformen ist, dass nicht nach Bildern gefragt wird. Wichtig sind religiöse Einstellungen, manchmal auch die Länge des Bartes, und immer der bestehende Familienstatus." Charakterliche Stärken und Schwächen werden abgefragt; körperliche Voraussetzungen seien auch wichtig, aber eher zweitrangig.

 

"Wer auf religiösen Dating-Plattformen unterwegs ist, sucht meist eine langfristige Bindung", erklärt die Expertin weiter. "Die Glaubensgleichheit ist dabei die Grundvoraussetzung. Außerdem gilt es als nicht schicklich, vor der Eheschließung zu viel auszuprobieren. Deshalb werden vor einem Treffen die essenziellen Punkte abgeklärt." Bei der Vorauswahl seien manchmal auch männliche Familienmitglieder involviert: "Man möchte einfach keine Zeit verschwenden. In erster Linie ist es wichtig, jemanden zu finden, mit dem man gemeinsam ins Paradies kommen kann."

 

Zielgenaue Suche im Netz

 

Seit vielen Jahren forscht die 37-jährige Religionswissenschaftlerin aus Deutschland in der Schweiz insbesondere zu den Ausprägungen salafistischer Strömungen in Mitteleuropa. Der Salafismus ist eine islamisch-fundamentalistische Strömung. Die unterschiedlichen Communities und deren Alltag kennt Menzfeld gut und weiß: "Für viele streng religiöse Muslime ist das Internet die einzige Möglichkeit, überhaupt zu daten, wenn sie keine arrangierte Heirat wollen."

 

Eine Frau und ein Mann, unverheiratet und nicht verwandt, alleine in einem Raum ohne Aufpasser - das wäre in der analogen Welt für viele Salafis nicht akzeptabel. Außerdem könne online viel zielgenauer gesucht werden. Viele Konvertitinnen - also Frauen, die nicht aus einer muslimischen Familie stammen und erst im erwachsenen Alter zum Islam übergetreten sind - seien beispielsweise auf der Suche nach einem Mann, der arabisch spricht und mit dem Islam aufgewachsen ist. Andere wiederum wollten gezielt eine Zweitfrau sein, um bestimmten Verpflichtungen oder großem Druck beim Thema Familienplanung aus dem Weg zu gehen.

 

Neben der spirituellen spiele aber auch die geografische Komponente eine Rolle."Gerade im ländlichen Raum gibt es einfach wenig Auswahl an potenziellen Partnern", erklärt Menzfeld. "Angenommen, Sie wohnen in einer kleineren Stadt wie Interlaken - viel Glück, dort ohne die Online-Angebote noch einen anderen unverheirateten Konvertiten oder Salafisten zu finden."

 

Die bekannten Apps reichen nicht aus

 

Das zunehmende Angebot an religiösem Online-Dating gibt ihren Beobachtungen Recht. Belastbare Zahlen zum Nutzungsverhalten gibt es bisher nicht. Nach Selbstauskunft nutzen aber beispielsweise mehr als zehn Millionen Muslime weltweit die Dating-App Muzz, und mehr als eine Million Christen sind bei SALT: Christliche Partnersuche registriert.

 

Für Menschen, für die ihr Glaube alltags- beziehungsweise handlungsprägend ist, reichten Apps, die nur grob zwischen Christen, Muslimen, Juden und anderen Weltanschauungen unterscheiden, einfach nicht aus, erklärte die Expertin. Dazu seien die verschiedenen Ausrichtungen innerhalb der Religionen zu verschieden. Hinzu komme, dass aus Sicht vieler Muslime der Alltag in Europa noch immer klar christlich geprägt sei. Wer hier halal daten möchte - also so, dass es den islamischen Rechtsvorstellungen entspricht, "im Gegensatz zum verbotenen haram" -, der finde online die besten Angebote.