Salzburg (KNA) – Der österreichische Pastoraltheologe Paul Zulehner ist mit dem "Theologischen Preis" der Salzburger Hochschulwochen für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Zulehner erhielt den mit 5.000 Euro dotierten Preis am Mittwochabend in Salzburg.
Zulehner sei als Theologe wie als "theologischer public intellectual" ein "Glücksfall und eine Ausnahmeerscheinung", heißt es in der Jury-Begründung, aus der der Leiter der Hochschulwochen, Martin Dürnberger, bei der Verleihung zitierte. Zulehner sei eine Art "theologischer One Man Think Tank", so Dürnberger, und durch sein wissenschaftliches Werk und seine mediale Vermittlungskunst zu einer "eigenen Marke in Zivilgesellschaft und Kirche" geworden.
Zulehners Arbeiten in den Bereichen Religionssoziologie, Pastoraltheologie und Werteforschung hätten "fachwissenschaftliche Diskurse im deutschsprachigen Raum nachhaltig geprägt und entscheidend vorangetrieben", so die Jury-Begründung weiter. Als akademischer Lehrer habe er Generationen von Studierenden geprägt - und bis heute vermittle er "geistreich wie fundiert theologische Perspektiven in der Öffentlichkeit". Damit stehe er für ein gleichermaßen "politisch waches und spirituell mündiges Christsein", so die Jury.
Csiszar: Prophetische Stimme für die Kirche von morgen
Als eine "prophetische Stimme für die Kirche von morgen" und als "einen der größten Pastoraltheologen des 20. Jahrhunderts" hat die Linzer Pastoraltheologin Klara Csiszar den Preisträger in ihrer Laudatio gewürdigt. Zulehner hinterlasse seit Jahrzehnten tiefe Spuren in Wissenschaft, Kirche und im Leben zahlreicher Menschen und sei "ein seismologischer Frühwarnsensor für die Erschütterungen und Hoffnungen unserer taumelnden Welt - und zugleich einer ihrer unbeirrbaren Mutmacher." Sein Lebenswerk sei daher "ein Vermächtnis an eine Kirche, die sich nicht abschottet, sondern sich als Gemeinschaft auf dem Weg versteht - offen, dialogisch, lernbereit und zutiefst menschlich."
Sie selber habe Zulehner als einen engagierten und stets zugewandten Lehrer und Mutmacher sowie als Brückenbauer zwischen den Disziplinen erlebt, berichtete die Linzer Theologin. Er habe dazu beigetragen, die Pastoraltheologie im deutschsprachigen Raum auf neue Beine zu stellen - etwa, indem er sie für Empirie und Sozialforschung, für Soziologie und Werteforschung öffnete, indem er die pastorale Praxis stets nicht nur beschrieb, sondern theologisch reflektierte - und indem er daraus konkrete kirchliche Reformimpulse ableitete. "Dabei bleibt er immer überzeugt, dass Wandel, Gespräch, Diskurs, auch Streit, zur DNA der Kirche gehören müssen, wenn sie in unserer Zeit relevant, menschenfreundlich und evangeliumsgemäß bleiben soll."
Zulehner: "Suche nach neuer Theologie der Welt"
In seinen Dankesworten unterstrich Zulehner, dass bei aller Dramatik einer "taumelnden Welt" kein Anlass für Christinnen und Christen bestehe, in Hoffnungslosigkeit und Apathie zu versinken. Die Welt brauche "Hoffnungsressourcen" - ein Auftrag auch an die christlichen Kirchen, die sich allerdings derzeit allzusehr in Strukturprozessen ergingen, statt die dringend erforderliche "Suche nach einer Theologie der Welt von heute" voranzutreiben, mahnte Zulehner. Dabei sei das Taumeln der Welt ein Aufruf "zu dringlich gebotenem entschlossenem Handeln. Und dies im Zusammenspiel der besten Köpfe von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik".
Tatsächlich lasse sich auch in der heutigen Welt das Wirken Gottes feststellen, zeigte sich der Theologe überzeugt: "Das Wirken des Geistes zeigt sich in der verbreiteten Sehnsucht so vieler Menschen nach Frieden, nach Gerechtigkeit, nach einer Mitwelt, in der man das Wasser trinken und die Luft atmen kann, ohne dass sie schaden." Gottes Handeln zeige sich zudem "in so vielen Menschen, die sich persönlich wie politisch gerade auch heute einsetzen für Frieden, Bewahrung der Schöpfung, Gerechtigkeit". So würden Christen zu "Himmelsgeschenken" und zu "Hoffnungshebammen" für die Welt.
Der 1939 in Wien geborene Zulehner promovierte in Philosophie und Theologie. 1964 wurde er zum Priester geweiht. 1973 folgte die Habilitation für Pastoraltheologie und Pastoralsoziologie in Würzburg. Er lehrte in Bamberg, Passau, Bonn, Salzburg und schließlich von 1984 bis 2008 in Wien. Nach seiner Emeritierung um Jahr 2009 blieb er als Kommentator der religiösen Landschaft Österreichs und Europas präsent.