Bonn (KNA) – Am 9. August 1945 explodierte die zweite amerikanische Atombombe mit dem Codenamen "Fat Man" über der japanischen Stadt Nagasaki. Etwa 75.000 Menschen starben sofort oder in den folgenden Monaten an den Folgen. Die Detonation zerstörte weite Teile der Stadt, darunter auch das Viertel Urakami, das als das Zentrum des katholischen Lebens in Japan galt.
Ursprünglich war Nagasaki gar nicht als Ziel gedacht, doch aufgrund schlechter Sicht über der Stadt Kokura kamen veränderte Pläne zum Einsatz. Die Urakami-Kathedrale, damals die größte christliche Kirche Ostasiens, diente als markanter Anhaltspunkt. Damit traf die Bombe eine Gemeinschaft, die über Jahrhunderte hinweg Unterdrückung, Märtyrertum und ein Leben im Untergrund überstanden hatte.
Eine Kirche der Verfolgten
Die Geschichte der Katholiken in Nagasaki reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Portugiesische Missionare, allen voran der Jesuit Franz Xaver, hatten den christlichen Glauben nach Japan gebracht. Besonders in Nagasaki fasste die neue Religion Fuß. Zeitweise war fast jeder fünfte Einwohner der Stadt getauft.
Doch nach einem anfänglichen Boom folgte brutale Verfolgung: Ab dem frühen 17. Jahrhundert wurden Christen im Tokugawa-Shogunat systematisch gejagt. Viele wurden hingerichtet oder gezwungen, ihrem Glauben abzuschwören. Wer katholisch blieb, lebte im Geheimen. Diese "Kakure Kirishitan", versteckte Christen, überdauerten mehr als 250 Jahre - ohne Priester, Sakramente oder Kirchen. Ihre geheime Glaubenspraxis wurde in Familien weitergegeben, oft in kodierter Form, mit Marienstatuen, die wie buddhistische Kannon-Figuren aussahen.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Christentum in Japan wieder erlaubt. In Nagasaki kamen tausende dieser Untergrundchristen wieder ans Licht. 1895 wurde mit dem Bau der Urakami-Kathedrale begonnen, der 1925 abgeschlossen werden konnte.
Das Kreuz im Feuerball
Die Atombombe zerstörte dieses Symbol der katholischen Geschichte Japans in Sekunden. Die Kathedrale, aus rotem Backstein errichtet und weithin sichtbar, lag keine 500 Meter vom Hypozentrum entfernt. Das Gotteshaus stürzte in sich zusammen. Zum Zeitpunkt der Explosion befanden sich rund 30 Gläubige in der Kathedrale, die sich zur Beichte und auf Feierlichkeiten zu Mariä Himmelfahrt vorbereiteten.
Über 8.000 katholische Gläubige lebten in der unmittelbaren Umgebung. Viele von ihnen befanden sich in der Kirche oder in der Nähe - sie starben im Bruchteil einer Sekunde. Von der Kathedrale blieb nur ein rauchendes Trümmerfeld übrig. Noch Jahrzehnte später fanden sich geschmolzene Rosenkränze, deformierte Glocken und Madonnenfiguren, deren Gesichter im atomaren Feuer zerflossen waren.
Ein Symbol der Zerstörung wurde zum Symbol der Erinnerung: Eine der durch die Explosion zerstörten Statuen der Gottesmutter Maria, deren Gesicht schwer verbrannt ist, wurde später geborgen und gilt heute als Mahnmal für den Frieden. Sie steht heute in der wiederaufgebauten Urakami-Kathedrale.
"Verbrechen gegen Mensch und Schöpfung"
Papst Johannes Paul II. besuchte Nagasaki 1981 und sprach dort eindringlich von der "Sünde des Krieges" und dem "unauslöschlichen Schmerz" der Opfer. Auch Papst Franziskus nannte bei seiner Japanreise 2019 die Atomwaffen ein "Verbrechen gegen Mensch und Schöpfung". - Worte, die in Nagasaki besonders schwer wiegen.
Die katholische Gemeinde der Stadt ist trotz allem nicht verschwunden. Die Urakami-Kathedrale wurde in den 1950er Jahren wieder aufgebaut, die Gemeinde lebt weiter. Die Kirche und weitere christliche Stätten in der Stadt sind als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt und werden als Symbole für den Frieden und die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt verehrt.