Islamabad (KNA) – Das Oberste Gericht von Islamabad hat die pakistanische Regierung zur Untersuchung aller mutmaßlichen Missbräuche der Blasphemiegesetze aufgefordert. Die Regierung müsse bis Mitte August eine Kommission einrichten und innerhalb von vier Monaten einen Bericht erarbeiten, berichtete der asiatische Pressedienst Ucanews am Donnerstag.
Mit seiner Anordnung gab das Oberste Gericht von Islamabad einer Petition statt, die im September 2024 von 101 Familien eingereicht wurde. Darin wird einem kriminellen Netzwerk vorgeworfen, mit der Bundespolizei zusammenzuarbeiten, um meist junge muslimische Männer fälschlicherweise der Blasphemie zu beschuldigen.
Pakistans Blasphemiegesetze sind in neun Paragrafen des Strafgesetzbuches verankert. Sie stammen größtenteils aus der Zeit der britischen Kolonialherrschaft, wurden aber während der Diktatur von General Mohammed Zia-ul-Haq (1977-1988) verschärft. Unter anderem stellen sie die Verleumdung des Islams und des Propheten Mohammed unter Strafe. Dutzende Muslime und Angehörige anderer Minderheiten, darunter auch Christen, wurden seitdem wegen Blasphemie zur Todesstrafe verurteilt, bislang wurde jedoch noch keine der Strafen verstreckt.
Studie von Menschenrechtsorganisation
Im vergangenen Monat hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch eine Studie veröffentlicht, wonach die Blasphemiegesetze aus Profitgier für Erpressung und Landraub eingesetzt werden.
Der katholische Direktor des Zentrums für soziale Gerechtigkeit in Lahore, Peter Jacob, begrüßte die Entscheidung des Gerichts in Islamabad. "Dies ist eine einmalige Gelegenheit für die Regierung, den Missbrauch der Blasphemiegesetze zu bekämpfen", so Jacob. Er forderte die Regierung auf, das Urteil buchstabengetreu umzusetzen. "Dies wird den Missbrauch von Religion und diesen Gesetzen sowohl kurz- als auch langfristig verhindern."
Skeptischer äußerte sich der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Liaqat Ali. Er befürchte, die Anweisung des Obersten Gerichts in Islamabad könne vor dem Obersten Gerichtshof Pakistans angefochten werden. "Diese Gesetze wurden vom Parlament mit Unterstützung der politischen Eliten erlassen. Nur das Parlament kann sie ändern - und es hat offensichtlich nicht die Absicht, dies zu tun."