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Bischof Morerod für mehr Unabhängigkeit der Ortskirchen von Rom

Zürich (KNA) – Der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Charles Morerod, wünscht sich mehr Unabhängigkeit der Bistümer und der nationalen Bischofskonferenzen. Im Interview der "Neuen Zürcher Zeitung" (Donnerstag) berichtet der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg davon, dass es in der Schweiz schon Vorarbeiten für ein Partikularrecht gegeben habe. "Ich glaube, in Westeuropa wäre das durchaus denkbar - mit Zustimmung Roms."

 

Im Kirchenrecht bezeichnet Partikularrecht das Recht, das für bestimmte Teilkirchen oder Teilkirchenverbände ergänzend zum allgemeinen Kirchenrecht gilt. Es ermöglicht, spezifische Bedürfnisse und Gegebenheiten der jeweiligen Ortskirchen zu berücksichtigen. Partikularrecht kann vom universalen Kirchenrecht abweichen, allerdings ist dafür die Genehmigung des Heiligen Stuhls erforderlich.

 

Auch für mehr Gewaltenteilung in der Kirche spricht sich Morerod aus. Diese würde das Bischofsamt stärken und die Arbeit erleichtern. Er selbst wolle "weder Richter noch König" sein. "Aber wir sind Teil der Weltkirche - und über tiefgreifende kirchenrechtliche Änderungen muss Rom entscheiden."

 

Tragweite nicht ernstgenommen

 

Zur Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche der Schweiz sagte der Bischof, dass vielen immer noch ein Lernprozess fehle, da sie noch nicht mit Missbrauchsbetroffenen gesprochen hätte. Viele hätten die Tragweite des Themas nicht ernstgenommen. Im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg würden nun nach französischem Vorbild Priesterausweise mit QR-Code eingeführt, damit etwa Pfarreien sofort prüfen könnten, ob gegen einen Priester Vorwürfe bestünden. "Und ich setze mich in der Bischofskonferenz dafür ein, es schweizweit umzusetzen."

 

Das immer noch in den Startlöchern stehende nationale kirchliche Straf- und Disziplinargericht der Kirche in der Schweiz ist laut Morerod keine "Paralleljustiz". Die kirchlichen Ermittlungen liefen zusätzlich zu den staatlichen. Allerdings werde das Gericht nicht alle Fälle behandeln können, da beispielsweise die Zuständigkeit in Rom liege, wenn es um eine Entlassung aus dem Klerikerstand gehe. Diese Fälle könnten jedoch dann an das nationale Gericht delegiert werden. "Dieses wird dann auch Berufsverbote innerhalb der Schweiz aussprechen können."