Istanbul (KNA) – Die türkische Regierung will den Koran auf Linie bringen. Nach einem neuen Gesetz, das am Mittwoch in Kraft trat, kann das staatliche Religionsamt Diyanet ab sofort alle türkischen Koran-Ausgaben verbieten, beschlagnahmen und vernichten lassen, die nicht seiner konservativen und orthodoxen Auslegung entsprechen. Kritiker sprechen von einer Inquisition und einer religiösen Diktatur.
Das Parlament hatte das Gesetz in der Nacht zum vergangenen Freitag mit den Stimmen des Regierungsbündnisses von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und gegen den Protest der Opposition verabschiedet. "Über Koran-Auslegungen kann man unterschiedlicher Meinung sein; aber deshalb darf man doch nicht Bücher verbieten und vernichten", warnte der Abgeordnete Okan Konuralp von der säkularistischen Oppositionspartei CHP vor der Abstimmung vergeblich.
Die Regierung lege damit "den Grundstein für eine Staatsreligion", sagte Selcuk Özdag, Vizefraktionschef der islamisch-konservativen Zukunftspartei von Ex-Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Laut dem Gesetz dürfe das Religionsamt nun Koran-Ausgaben verbrennen, die angeblich nicht den Grundprinzipien des Islam entsprächen. "Aber was unter den Grundprinzipien des Islam zu verstehen ist, bestimmt das Amt."