Wien (KNA) – Papst Leo XIV. nimmt nach Einschätzung des amerikanischen Theologen Massimo Faggioli keine Frontalopposition gegen US-Präsident Donald Trump ein. Ein "Anti-Trump" sei der Papst bei aller zu erwartenden Sachkritik nicht, sagte Faggioli am Freitag der österreichischen Zeitung "Die Furche".
Eine besondere Herausforderung sei es für Leo, die auseinanderdriftenden Flügel der katholischen Kirche in den USA zusammenzuhalten: "Konservative und progressiv-liberale Katholiken leben zunehmend in zwei unterschiedlichen Universen mit verschiedenen Pfarreien, Schulen, Gruppen etc. Das ist eine seltsame und ungesunde Situation." Zudem werde gerade der konservative Flügel "zunehmend stärker und militanter".
Das größere Problem des Papstes
Das Agieren von US-Vizepräsident J. D. Vance und seines Netzwerks ist für Faggioli besorgniserregend: "Er agiert viel intelligenter und hat bereits die Zeit nach Trump im Auge." Vance vereine traditionelle Sichtweisen und moderne Methoden und Ansätze der "Tech-Gurus des Silicon Valley". Er sympathisiere offen mit vielen Ideen der Integralisten und Nationalisten. So fordere er, dass nur Christen in die USA immigrieren sollen, sagte Faggioli, der an der Universität Villanova (Pennsylvania) katholische Theologie und Religionswissenschaft lehrt. Auch Robert Prevost, der heutige Papst Leo, studierte dort.
Augustinus gegen Augustiner-Papst
Im Hintergrund solcher Denkweisen stünden fragwürdige Interpretationen etwa unter Bezugnahme auf die auf Augustinus zurückgehende abgestufte Nächstenliebe ("Ordo Amoris"), so Faggioli. Gerade hier werde es Vance jedoch schwerer haben mit dem neuen Papst, "der als Augustiner hier natürlich eine sehr große Glaubwürdigkeit mitbringt" - und noch als Kardinal diese Interpretation von Vance auch in den Sozialen Medien zurückgewiesen hatte.
Die sich hinter dem Begriff "Integralismus" verbergende Auffassung eines Vorrangs einer geistlichen vor einer weltlichen Ordnung und eines damit verbundenen Verdrängens der liberalen Ordnung wird laut Faggioli nicht so rasch wieder verschwinden. Vertreten werde dies durch eine neue Generation ultrakonservativer Denker, die er selbst unter seinen Studierenden ausmache. "Das wird auch nach Trump nicht verschwinden", so der Theologieprofessor.