Berlin (KNA) – Sozialverbände dringen auf die Einführung des im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung erwähnten Pflegegelds. Dieses solle mindestens in Höhe des Elterngeldes ausgezahlt werden, forderte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Sie sprach sich für eine sozial gestaffelte Lösung aus "mit klarer Ober- und Untergrenze, die sich am vorherigen Einkommen orientiert". Ziel müsse sein, dass Menschen sich ohne Existenzangst um ihre Angehörigen kümmern könnten.
Einführung des Pflegegeldes offen
Zuvor hatte Bundesfamilienministerin Karin Prien in einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe die Bedeutung der geplanten neuen Sozialleistung unterstrichen. Allerdings müsse sich dafür die wirtschaftliche Lage verbessern. "Aber auch wenn das klappt, wird man Schwerpunkte setzen müssen. Und oberste Priorität hat für mich mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche", betonte die CDU-Politikerin.
Davon unabhängig sei es im Interesse der gesamten Gesellschaft, dass ein Pflegegeld komme, sagte die Ministerin. "Es wird mit unserer demographischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird. Deshalb müssen wir einen Einstieg in ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige schaffen."
Maximal 1.800 Euro
Zuspruch für ein Familienpflegegeld kommt auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Die Orientierung dabei ist ein Anteil von 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens, mindestens aber 300 und maximal 1800 Euro", sagte Hauptgeschäftsführer Joachim Rock den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Bedenken äußerte hingegen der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. „Bei dem Konzept des Familienpflegegelds besteht die Gefahr, dass Anreize zur Arbeitszeitreduzierung gesetzt werden, obwohl eine Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bestünde." In Zeiten des Fachkräftemangels seien solche Maßnahmen gesamtwirtschaftlich nicht sinnvoll, gab der Experte zu bedenken.
Caritas fordert Entlastungen
Entlastungen für pflegende Angehörige in Milliardenhöhe forderte auch Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. In einem Interview des "Tagesspiegel" (Dienstag) sprach sie von insgesamt 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Konkret seien zwei Milliarden Euro zusätzlich für flexible Pflegebudgets, also passgenaue Unterstützung, rechnete die Präsidentin des katholischen Sozialverbandes vor. "Weitere zwei Milliarden Euro pro Jahr braucht es, um aus Pflegezeit und Familienpflegezeit ein alltagstaugliches Entlastungsangebot zu machen, noch einmal 700 Millionen Euro für die Zusammenführung von Kurzzeit- und Verhinderungspflege." Dies alles sei wichtig, "damit Angehörige die Pflichten, die sie als Pflegende übernehmen, besser mit ihrem sonstigen Leben vereinbaren können", so Welskop-Deffaa.