Berlin (KNA) – Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist am Donnerstag auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt worden. An der Trauerfeier nach jüdischem Ritus nahm die deutsche Staatsspitze sowie ein ausgewählter Kreis von Freunden und Wegbegleitern teil. Die am vergangenen Freitag im Alter von 103 Jahren gestorbene Friedländer fand ihre letzte Ruhestätte in einem Ehrengrab direkt neben dem Grab ihrer Großeltern. Die Trauerfeier wurde live im rbb-Fernsehen übertragen. In den kommenden Wochen soll es eine öffentliche Gedenkveranstaltung geben.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, sagte bei der Trauerfeier, Friedländer habe die Gesellschaft durch ihre Wärme, Nahbarkeit und ihr Mitfühlen geprägt. Und sie habe einen Auftrag hinterlassen: "Der lautet schlicht und einfach: Seid Menschen!" Gemeinderabbiner Jonah Sievers sagte mit Blick auf ihren letzten öffentlichen Auftritt bei einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Kriegsendes: "Noch einmal hat sich ihr Lebenswerk mit einem historischen Moment verflochten. Als wollte sie uns ein letztes Mal sagen: Seid wachsam, seid menschlich!"
Wunsch nach orthodoxer Mitwirkung
Auf ausdrücklichen Wunsch der Verstorbenen, die einer liberalen jüdischen Gemeinde angehörte, sang danach auch der Vorsitzende der jüdisch-orthodoxen Berliner Chabad-Gemeinde, Rabbiner Yehuda Teichtal, ein Gebet und erinnerte mit persönlichen Worten an Friedländer. Max Raabe sang ebenfalls auf Wunsch von Friedländer: "Irgendwo auf der Welt gibt's ein kleines bisschen Glück."
Der jüdische Kolumnist Leeor Engländer würdigte Friedländer in seiner Trauerrede als "moralische Instanz für Millionen". Sie habe viele Hürden überwinden müssen, als sie mit fast 90 Jahren in Deutschland anfing, ihre Geschichte zu erzählen. Und dennoch: "In nur zwei Jahrzehnten hast du ein ganzes Lebenswerk erschaffen." Ihre Mission sei gewesen, für die Millionen Ermordeten zu reden, die nicht mehr für sich sprechen konnten.
Am meisten bedeutet hätten Friedländer nicht die vielen Ehrungen wie das Bundesverdienstkreuz, sondern die Dankesbriefe von Schülerinnen und Schülern. Entsetzt habe sie indes der wieder aufkeimende Antisemitismus in Deutschland in ihren letzten Lebensjahren. "So hat es damals auch angefangen", habe sie immer wieder gewarnt.
Prominente Trauergäste
An der Trauerfeier nahmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sowie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) teil. Zu den Trauergästen gehörten auch Altbundespräsident Joachim Gauck, der zugleich im Vorstand der Margot Friedländer Stiftung aktiv ist, sowie Altbundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU). Der israelische Botschafter Ron Prosor und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nahmen ebenfalls teil.
Friedländer überlebte als Einzige ihrer direkten Familie die Schoah. Nach mehr als sechs Jahrzehnten in New York kehrte sie im Alter von 88 Jahren in ihre Heimat Berlin zurück. Sie engagierte sich für Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung.