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Amnesty sieht Trump als Brandbeschleuniger für Menschenrechtskrise

Berlin (KNA) – Kriege, Unterdrückung von Protesten, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Minderheiten: Amnesty International beklagt eine globale Krise der Menschenrechte. "Wir erleben einen epochalen Bruch: Rechtsstaat, Völkerrecht und Menschenrechtsschutz werden von einer Vielzahl von Staaten missachtet und angegriffen", sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, zur Veröffentlichung des Jahresberichts der Menschenrechtsorganisation am Dienstag. Menschenrechtsverletzungen würden nicht mehr geleugnet oder vertuscht, sondern ausdrücklich gerechtfertigt.

 

Amnesty hält der Staatengemeinschaft vor, beim Schutz der Menschenrechte global zu versagen. Bewaffnete Konflikte eskalierten und das Völkerrecht werde von seinen einstigen Verfechtern missachtet. Die Rechte von Geflüchteten und marginalisierten Gruppen würden in vielen Ländern beschnitten. Politiker mit autoritärer Agenda griffen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte offen an. Für den Jahresbericht wurde den Angaben zufolge die Lage der Menschenrechte in 150 Ländern untersucht.

 

Kritik an Koalitionsvertrag und Behörden

 

In Deutschland kritisiert die Organisation in ihrer Auswertung etwa den von Union und SPD vorgelegten Koalitionsvertrag. Die darin angekündigte "Zeitenwende in der inneren Sicherheit" bediene rassistische Feindbilder, instrumentalisiere das Aufenthalts- und Migrationsrecht, blähe die Überwachung auf und greife die Zivilgesellschaft an.

 

Auch in Deutschland seien Behörden und Polizei zuletzt mit unverhältnismäßiger Härte gegen friedliche Proteste vorgegangen, so Amnesty. Betroffen seien insbesondere Klimaaktivisten und Teilnehmende an Solidaritätskundgebungen für die Palästinenser. Andere Organisationen wie Reporter ohne Grenzen berichteten indes auch von Übergriffen auf Journalisten durch Teilnehmende bei propalästinensischen Demonstrationen.

 

Man sehe die Zunahme antisemitischer Straftaten in Deutschland ebenfalls mit Sorge, sagte Duchrow. Sie kritisierte, dass die Bekämpfung von Antisemitismus in manchen Fällen zu einer Einschränkung von Wissenschafts-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit führe.

 

Trump als Brandbeschleuniger

 

Der US-Regierung unter Präsident Donald Trump warf Duchrow vor, ein Brandbeschleuniger der globalen Menschenrechtskrise zu sein. Dies betreffe vor allem die Außenpolitik. So bringe das Abschneiden von humanitärer Hilfe Gefahr für Millionen von Menschen auf der Welt, zum Beispiel im Sudan oder in der Demokratischen Republik Kongo. Die US-Regierung lege die Axt an internationale Institutionen und belege den Internationalen Strafgerichtshof mit Sanktionen. Das führe dazu, dass die Institutionen, die für die Durchsetzung von Menschenrechten zuständig seien, zerstört würden.

 

Im Vergleich zum Vorjahresbericht sehe man eine große Zunahme von bewaffneten Konflikten, in denen Zivilisten der Gewalt meist schutzlos ausgeliefert seien, so Duchrow. Die internationale Gemeinschaft sehe meist tatenlos zu. Unliebsame Proteste und kritische Stimmen würden in immer mehr Ländern zum Schweigen gebracht. Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Minderheiten seien ebenfalls in vielen Ländern verbreitet.

 

Amnesty sieht auch Positives

 

Zugleich gebe es aber auch positive Entwicklungen: So hätten sich im vergangenen Jahr weltweit viele Menschen gegen Unrecht und Unterdrückung zur Wehr gesetzt, etwa in Georgien gegen ein repressives Gesetz gegen Nichtregierungsorganisationen und in Südkorea gegen den früheren Präsidenten, als dieser das Kriegsrecht verhängte.

Aus Sicht von Amnesty zählen die Proteste von Hunderttausenden weltweit gegen einen "Genozid an der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen" zu den positiven Beispielen im Kampf für Menschenrechte. Die Bewertung des Vorgehens der israelischen Armee in Gaza als Völkermord ist international sehr umstritten.

 

Ein anderes Beispiel, das Duchrow nannte, ist die Aufnahme der "Freiheit zum Schwangerschaftsabbruch" in Frankreichs Verfassung. Die Neuregelung hatten unter anderem die französischen Bischöfe kritisiert und erklärt, Abtreibung bleibe ein Angriff auf das Leben und könne nicht nur aus dem Blickwinkel der Frauenrechte betrachtet werden.