Bamberg (cga) – Diese Frage ist in den vergangenen Wochen und Monaten oft gestellt worden: Wann wird der Michelsberg wieder geöffnet? Immerhin leben inzwischen in Bamberg zwölfjährige Kinder, die weder das Grab des Heiligen Otto oder den Himmelsgarten in der ehemaligen Klosterkirche St. Michael von innen gesehen haben. Sie hatten bislang auch keine Chance. Denn seit Ende 2012 ist die ehemalige Klosterkirche geschlossen. Am 12. November 2012 stürzte ein rund zwei Kilogramm schwerer Putzbrocken auf eine Kirchenbank herab. Es war riesiges Glück, dass damals niemand verletzt wurde.
1015 – also bereits wenige Jahre nach der Bistumsgründung wurde die Benediktinerabtei St. Michael gegründet. Fast 800 Jahre – bis zur Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts leben und arbeiten Mönche auf dem Michaelsberg. Mit der Schließung des Klosters wird die Bürgerspitalstiftung Eigentümerin der Klosteranlage. Diese wiederum wird von der Stadt Bamberg verwaltet.
Vor allem künftige Hochzeitspaare warten bereits sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung von St. Michael, berichtet der Finanzreferent der Stadt Bamberg, Bertram Felix, im Exklusiv-Interview mit dem Heinrichsblatt. Denn bereits vor der Schließung 2012 war St. Michael eine beliebte Kirche für Trauungen. Rückblickend sagt Felix heute, es sei sehr schnell klar gewesen, dass nach dem herabgestürzten Putzbrocken eine „größere Sanierung“ folgen müsse. Schließlich fanden seit 2009 schon vorbereitende Untersuchungen statt.
Als Folge der weltweiten Finanzkrise 2008 durch die Investmentbank Lehman Brothers wurden große Investitionsprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft aufgelegt, kam St. Michael das erste Mal in den Genuss von Fördermitteln. Und es sollte – wie sich später herausstellen sollte – auch nicht das letzte Mal sein, schließlich ist die ehemalige Benediktinerkirche ein „Denkmalgut von nationalem Rang“, so Finanzreferent Felix.
Die Probleme
Die Bestandsaufnahme war ernüchternd: „Die Michaelskirche war akut einsturzgefährdet.“ An der Kirche wurden gleich mehrere Krankheiten diagnostiziert. Zum Ersten steht die gesamte Klosteranlage auf einem beweglichen Untergrund, genauer gesagt auf einer Lettenschicht. Und je nachdem, ob es viel regnet oder trocken ist, verändert sich der Untergrund und löst so „Bewegungen“ aus, die zwar für den Menschen nicht spürbar sind, aber für die Standfestigkeit der Kirche über Jahrhunderte ein Problem darstellen. Die Kirche wurde deshalb, wie ein Patient im Krankenhaus verkabelt, um festzustellen, wie sie sich im Laufe des Jahres bewegt. Allein der Südturm bewegt sich beispielsweise pro Jahr zwischen 2 und 2,5 Millimeter um die eigene Achse.
Zum Zweiten drang Feuchtigkeit in die Kirche ein. Diese beschädigte vor allem die Traufpunkte der Dachbalken. Die Traufpunkte verfaulten damit und die Last, die sie eigentlich abfangen sollte, drückte auf die Kirche. Damit war die Ertüchtigung von vielen Holzverbindungen nötig. Und zum Dritten wurden in der Barockzeit nach Felix´Angaben gravierende Baufehler gemacht, die ebenfalls Auswirkungen auf die Statik der Kirche hatten. Es sei hier bei der Sanierung das Kunststück gelungen, die Statik wieder herzustellen, ohne dass der berühmte Himmelsgarten darunter gelitten habe oder künftig von der Sicht her beeinträchtigt werde. Die Gesamtkosten alleine für die statische Sanierung von St. Michael bezifferte Finanzreferent Felix auf 7,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: die gesamte Sanierung der Pfarrkirche Unsere Liebe Frau (Obere Pfarre) in Bamberg schlug mit rund sechs Millionen Euro zu Buche.
Die Kirchensanierung gliedert sich in drei Abschnitte. Bei der Vergabe der einzelnen Gewerke standen die Verantwortlichen vor durchaus beträchtlichen Herausforderungen. Die Ausschreibungen mussten europaweit erfolgen und dauerten bis zu neun Monate. Dabei wurde zunächst geprüft, ob die Unternehmen, die sich beworben hatten, auch das nötige Know-How mitbringen. In einem zweiten Schritt ging es dann um die Kosten. So konnte sichergestellt werden, dass die „bestmögliche Qualität zum günstigsten Preis“ in Auftrag gegeben werden konnte.
Die Finanzen
Ein Schnäppchen ist die Sanierung der Klosteranlage von St. Michael mitsamt der Kirche nicht. Insgesamt beziffert Felix die Gesamtkosten auf rund 84 Millionen Euro, davon alleine rund 41 Millionen Euro für die Kirche. Dank mehrerer Förderprogramme des Bundes, die in der Regel weitere Förderprogramme anderer Geldgeber nach sich ziehen, beläuft sich die Förderquote auf rund 90 Prozent.
So waren weitere Zuschussgeber das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, der Entschädigungsfonds Bayern, die Oberfrankenstiftung, die Städtebauförderung, die Stiftung Weltkulturerbe Bamberg sowie die Stadt Bamberg selbst.
Die Bauarbeiten an der Kirche liegen nach Angaben von Felix gut im Zeitplan. Die Sanierung des Himmelsgartens sei abgeschlossen, die Arbeiten an der Westfassade der Kirche ebenfalls. Es stehen unter anderem noch der Einbau der sechs neuen Glocken an, die am 15. November in Sinn gegossen wurden. Spätestens zum Silvestertag 2025 muss – wenn alles nach Plan läuft, der letzte Hammer für die Kirche fallen, damit dann noch die zurzeit fehlende Steinmeyer Orgel mit ihren über 3000 Pfeifen wieder eingebaut werden kann. Man habe sich entschieden, die Orgel so zu belassen und hochwertig zu sanieren. Für den Wiedereinbau der Orgel werden einige Monate benötigt, so dass im Frühsommer 2026 dann die Kirche St. Michael wiedereröffnet werden kann. Allerdings macht Felix im Interview auch deutlich, dass die qualitative Sanierung der Kirche Vorrang vor einem bestimmten Zeitplan habe. „Im Zweifelsfall wird die Kirche später eröffnet“.
Die Wiedereröffnung der Kirche ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Bauarbeiten. Zum einen, so Finanzreferent Felix, sei es möglich, dass noch Restarbeiten an der Kirche ausgeführt werden müssten. Zum anderen wird die Sanierung der Klosteranlage noch andauern, voraussichtlich bis 2031. „Wir schälen uns von innen nach außen“ beschreibt Finanzreferent Felix das Vorgehen bei den Baumaßnahmen.
Die Sanierung des gesamten Komplexes von St. Michael ist für den Finanzreferenten aber weit mehr als eine Erneuerung von alten Steinen. In St. Michael befindet sich schließlich das Grab des Heiligen Otto, des dritten Bamberger Diözesanpatrons. Felix bedauert, dass dieser immer ein wenig im Schatten von Heinrich und Kunigunde steht. Schließlich war es Otto, der nach Pommern auszog, um den Menschen dort das Evangelium zu verkünden. Gerade mit Blick auf die aktuelle weltpolitische Lage seien Heilige wie Otto, die sich für die Völkerverständigung einsetzten, wichtiger denn je.