Nürnbrg (cga) – Heimat in der katholischen Kirchengemeinde: Ist das der Lieblingsplatz, in meiner Kirche, auf dem ich seit 30 Jahre sitze? Oder der Gottesdienst, bei dem ich zur Ruhe kommen kann? Oder der Austausch mit Gleichgesinnten in meiner Pfarrei? Mit der Fragestellung „Katholische Kirchengemeinde heute als Heimat? Hat sich die Gesellschaft St. Sebald im Cartell-Rupert-Mayer bei einer Veranstaltung im Caritas-Pirckheimer-Haus auseinandergesetzt.
Für viele Menschen sei Heimat mit dem Begriff Geborgenheit und dem Bedürfnis nach Stabilität verbunden, erläuterte Referent Dr. Andreas Bahemann. Über etliche Jahre hinweg hat sich der Mediziner ehrenamtlich in der katholischen Kirche in Nürnberg engagiert, darunter im Pfarrgemeinderat St. Michael /St. Ullrich, dem dazugehörigen Seelsorgebereichsrat und dem Nürnberger Katholikenrat. Die folgenden Gedanken seien eine Zusammenfassung der Arbeit zu diesem Thema des Pfarrgemeinderates St. Michael / St. Ullrich.
Die eigene Gemeinde werde häufig als „Heimat“ empfunden, als die Pfarrei, in der man getauft wurde, zur Erstkommunion gegangen ist, gefirmt wurde und eventuell auch geheiratet hat. Oft werde dieser Heimatbegriff auch mit einer guten Predigt verknüpft, einem Seelsorger, der eine Vertrauensperson ist und einer „Wohlfühlgemeinde“, erläuterte Bahemann.
Aber es gebe auch immer wieder Konflikte, hin bis zum „Heimatverlust“ durch Einzelne. Zum einen, weil beispielsweise die Angebote in der Gemeinde nicht zusagen. Zum anderen aber auch, weil Ehrenamtlichen die Wertschätzung für ihr Engagement nicht gegeben werde. Manchmal führten auch bei einzelnen Personen Veränderungen im Kirchenraum, zum Beispiel durch das Umstellen von Bänken zu einem Heimatverlust.
Eine große Herausforderung sieht Bahemann bei den aktuellen Strukturveränderungen, etwa wenn die Pfarrkirche zur Filialkirche herabgestuft werde oder eben kein eigener Pfarrer mehr vor Ort ist. Er habe durchaus Verständnis für beide Seiten, führte Bahemann aus. Zum einen für das Bistum. Es gebe eben Rahmenbedingungen und personelle Grenzen, womit umzugehen sei.
Auf der anderen Seite gebe es aber auch zulässige Unmutsreaktionen, dass einem etwas nicht gefällt. Für viele Christinnen und Christen seien diese Veränderungen durchaus eine emotionale Belastung, auch wenn beispielsweise das Pfarrbüro nur noch wenige Stunden in der Woche besetzt sei. Diese strukturellen Veränderungen führten zu Reaktionen, dass dies eben nicht mehr „meine Gemeinde, meine Kirche“ ist. So komme es zu einem verminderten Heimatgefühl, oder dass dann Kirche eben nicht mehr als Heimat empfunden werde.
Sorge bereite auch das anstehende Gebäudekonzept. Das höre sich erst einmal schlicht an. Aber wenn dann gesagt werde, der Pfarrsaal vor Ort sei nicht mehr nötig, weil es eben in der Nachbargemeinde einen Pfarrsaal gebe. Natürlich sei durch die geringeren Kirchensteuereinnahmen rational verständlich, dass mit dem Geld gewirtschaftet werden müsse. Für so manchen Christen sei es aber emotional schwierig zu verstehen.
Neue Heimat
Bei der anschließenden Diskussionsrunde gab es durchaus mutmachende Beiträge. So plädierte der frühere Polizeiseelsorger, Martin Zenk, dafür die Fragen zu stellen: „Was kann ich für die Gesellschaft tun“? und nicht die Frage: „Was kann die Kirche für mich tun?“
Die Frage, wo gehören wir hin, sei nach einem Umzug in einen neuen Ort von großer Bedeutung. Oft sei die Kirchengemeinde eine erste Anlaufstelle, um Kontakte in einer neuen Stadt zu knüpfen. Auch von Seiten der Pfarreien gebe es da durchaus Angebote, berichtete der ehemalige Pfarrer von Nürnberg Herz Jesu, Reinhold Seidl. Zwei Mal im Jahr seien Zugezogene per Brief zu einem Willkommensabend eingeladen worden. Dieses Angebot, so bedauerte Pfarrer Seidl, sei mäßig bis gar nicht angenommen worden.
Die Zukunft der Kirche sieht Pfarrer Seidl nicht in den großen Pfarreien, sondern vielmehr in kleinen Gemeinden vor Ort, die ihren Glauben auch dann leben könnten, wenn kein Priester mehr vor Ort sei. „Wir müssen Abschied nehmen von der Priesterkirche.“
Es lohne sich durchaus ein Blick in das Gotteslob zum Thema Heimat zu werfen: Dort heißt es in der vierten Strophe des Liedes (GL 437), Meine engen Grenzen: „Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit bringe ich vor dich. Wandle sie in Heimat; Herr erbarme dich.“