Bonn (KNA) – Bonn hat wieder eine Vatikan-Botschaft. Das könnte man zumindest meinen, wenn man das Hotel Rheinland betritt. Frisch fertiggestellt, lädt dort ein Hotelzimmer in vatikanischen Farben zum Übernachten ein. "Jeder kann und darf sich hier einnisten", macht Hoteldirektor Johannes Jungwirth deutlich, dass das Zimmer nicht nur Katholiken vorbehalten ist. "Völker- und Konfessionsverständigung made im Rheinland" nennt das Pressesprecher Thomas Lenz.
Liegt man im Bett mit eigens angefertigten Kissenbezügen in vatikanischen Farben, hat man einen direkten Blick auf das zentrale Möbel des Botschaftszimmers: einen Beichtstuhl. Ihn aufzutreiben, sei gar nicht so einfach gewesen, sagt Jungwirth. Ohne hätte es aber nicht funktioniert. Das 150 Jahre alte Stück aus dem Sauerland baute er selbst um und versah es mit Regalböden und Kleiderstange.
Provokativ und augenzwinkernd
Jungwirth und Lenz betonen, das Zimmer sei "vielleicht auch provokativ", es gehe ihnen aber nicht darum, die Kirche oder den Glauben lächerlich zu machen. Daher sei ihnen eine Kooperation mit der Bonner Münstergemeinde sehr wichtig gewesen. Von ihr stammen etwa einige Accessoires wie ein Marienmedaillon und ein Kruzifix.
Das Zimmer ist das sechste Botschaftszimmer des Hotels. Angefangen hat alles 2019 mit den USA, gefolgt von der Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und zuletzt Kuba. Alle Zimmer sind dem Stil des jeweiligen Landes in den 1980er-Jahren nachempfunden. Besonders authentisch gelinge das durch originale Einrichtungsgegenstände wie einem amerikanischen Röhrenfernseher oder einer Fahne, die während der Revolution über Kubas Hauptstadt Havanna wehte. Er versuche in den Zimmern "den historischen Aspekt aufleben zu lassen, natürlich augenzwinkernd", sagt Jungwirth.
"Wir sind Papst!"
Mit einem Augenzwinkern lässt sich auch erklären, dass auf dem kleinen Tisch im Vatikan-Zimmer eine Flasche Rotwein und eine gefüllte Hostienschale stehen. Jeder Gast darf sich daran bedienen. Das skurrile Stillleben wird von einer Ausgabe der "Bild"-Zeitung mit dem Titel "Wir sind Papst!" nach der Wahl Benedikts XVI. komplettiert.
Der frühere Papst ist in diesem Zimmer ein doppelter Ausreißer, denn beide historischen Zeugnisse stammen nicht aus den 1980er Jahren. Neben der "Bild"-Zeitung von 2005 ist Joseph Ratzinger auch auf einem Bild aus den 1960er Jahren zu sehen. Damals lehrte er für vier Jahre an der hiesigen Universität.
Anfassen und durchstöbern
An den Wänden neben dem Bett und sogar im Bad hängen historische Aufnahmen vom Besuch des inzwischen heiliggesprochenen Johannes Pauls II. 1980 in Bonn. Eine rotgoldene Stofftapete sowie eine Aufnahme des Petersdoms komplettieren das vatikanisch-päpstliche Ambiente. Auf den Nachttischen liegen Gebetbücher, auch ein kleiner Bildband vom Papstbesuch findet sich dort. In der "inoffiziellen Außenstelle des Hauses der Geschichte", wie Lenz die Hotelzimmer nennt, darf alles angefasst und durchstöbert werden.
Das Konzept kommt bei den Gästen an: "Ich habe sofort alles erkundet. Das hörte gar nicht mehr auf. Die ganzen Details und kirchlichen Dinge", zeigt sich einer der ersten Gäste begeistert. Die "Bild"-Zeitung habe er gleich durchgeblättert, weil er sich noch gut an den Tag erinnern könne.
Gebetsstuhl statt Schreibtisch
"So viele Kirchenvertreter wie möglich" und auch Kirchenvertreterinnen wünscht sich der Hoteldirektor als Gäste. Ein Besuch von Kardinal Woelki "wäre großartig". An einem Schreibtisch kann er dann aber nicht Platz nehmen. Das Vatikan-Zimmer ist das einzige Zimmer ohne einen Schreibtisch. Stattdessen verfügt das Zimmer über einen Gebetsstuhl, unter dessen hochklappbarer Sitzfläche sich eine Kniebank versteckt.
Jungwirth ist es wichtig, dass seine Gäste sich in den Zimmern wohlfühlen. Deshalb verzichtet er auf kritische Aspekte, auch aktuelle Themen seien in den historischen Zimmern außen vor. Es gehe um Nostalgie.
Viele Erinnerungen an ein Bonn mit vielen Staatsgästen warten in den sechs Botschaftszimmern. Das jüngste und "am wenigsten politische Zimmer" soll dabei nicht das letzte sein. Die nächsten Ideen hat Jungwirth schon im Kopf. Welche Botschaft 2025 ihre Pforten öffnen wird, möchte er aber noch nicht verraten.