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Reuige Räuber und eingebildete Samariter

Prachtvolles Ambiente: Die Kathedrale der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie in Nürnberg war Schauplatz der Eröffnungsfeier. Das Gotteshaus wurde im Jahr 2000 zu einer orthodoxen Kirche umgestaltet. Foto: Bernd Buchner
Prachtvolles Ambiente: Die Kathedrale der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie in Nürnberg war Schauplatz der Eröffnungsfeier. Das Gotteshaus wurde im Jahr 2000 zu einer orthodoxen Kirche umgestaltet. Foto: Bernd Buchner

Nürnberg (buc) – Mit einem bemerkenswerten Appell für mehr Miteinander hat die Gebetswoche für die Einheit der Christen begonnen. Ökumene sei „eben nicht eine Mediation zwischen zerstrittenen Eheleuten oder eine Koalitionsverhandlung zwischen Parteivertretern“, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland, Erzpriester Radu Constantin Miron, beim Auftaktgottesdienst in Nürnberg. Ökumene sei kein weltlicher oder kirchenpoliitsche Vorgang, sondern „an erster Stelle ein geistlicher Prozess der Umkehr und des Perspektivwechsels“.

 

Zu der Feier in der Kathedrale der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa hatten sich Spitzenvertreter der christlichen Kirchen und der Ökumene versammelt. Unter ihnen waren der ernannte Bamberger Erzbischof Herwig Gössl, der Württemberger Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, der auch dem ACK-Vorstand angehört, sowie als Gastgeber der rumänisch-orthodoxe Metropolit Serafim Joanta. Viele Gläubige verfolgten die Feier auch per Livestream im Internet.

 

In seiner Predigt griff Miron die Geschichte vom barmherzigen Samariter auf, die die evangelische Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern zuvor als Evangelium vorgetragen hatte. In der Version des rumänisch-orthodoxen Theologen Ioan Florin Florescu, die der ACK-Vorsitzende zitierte, fällt ein Mann nicht eigentlich in die Hände von Räubern, sondern von „korrupten Bürgermeistern, inkompetenten Ministern, unehrlichen Richtern, gierigen Kaufleuten, verlogenen Handwerkern, ungeschickten Ärzten“. Am Ende erbarmt sich ein wirklicher Räuber des von allen Seiten gequälten Mannes, verbindet seine Wunden, sagt ein freundliches Wort zu ihm.

 

„Niemand wird zum barmherzigen Samariter, wenn er nicht zuvor zum reuigen Räuber wird“, zitierte Miron weiter. „Hör also auf, der Räuber deines Nächsten zu sein.“ Ein Räuber sei man, wenn man sich korrupt, unehrlich, gierig, gnadenlos und unversöhnlich zeige, Menschen belüge und verrate. „Unser Herr“, so das Ende der Geschichte, „braucht also reuige Räuber, keine eingebildeten Samariter.“

 

Heilung der Erinnerungen

 

Mit Blick auf die Ökumene rief Miron zu einer „Umkehr unseres Herzens und unseres Verstandes vom bisherigen Weg“ auf. Er verwies auf das Konzept der „Heilung der Erinnerungen“, das den Blick auf die Geschichte, das Teilen der Schmerzen des Gegenübers sowie die gemeinsame Vorbereitung der Zukunft umfasst. „Beginnen kann das alles nur mit dem gemeinsamen Gebet“, fügte der griechisch-orthodoxe Theologe hinzu.

 

Bei dem Gottesdienst wirkten Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher christlicher Konfessionen mit. Im Sündenbekenntnis hieß es: „Wenn wir Ideologien akzeptieren, die anderen ihr Menschsein absprechen, bauen wir Mauern der Spaltung, säen die Saat des Hasses und der Gewalt und verraten das Gebot des Herrn, einander zu lieben.“ Im Segens- und Sendungsgebet bekannte die Gemeinde: „Was immer wir gemeinsam tun können, lasst es uns gemeinsam tun!“ Der Feier schloss sich ein Empfang an, bei dem die SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzende Christine Kayser die Gäste namens der Stadt Nürnberg begrüßte.

 

Die ökumenische Gebetswoche für die Einheit der Christen wird weltweit vom 18. bis 25. Januar oder vor Pfingsten gefeiert. Ihre Ursprünge gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. Auch in Deutschland fanden wieder zahlreiche Gottesdienste, Andachten und weitere Veranstaltungen statt. Schwerpunkt war diesmal unter dem Leitwort „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten wie dich selbst“ (Lk 10,27) die Ökumene im westafrikanischen Burkina Faso. Die Kollekte des Nürnberger Auftaktgottesdienstes war für ein christlich-muslimisches Landwirtschaftsprojekt in der Sahelzone bestimmt.