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Der Schock war schon nicht mehr so groß

Erste Pressekonferenz nach der Ernennung: Weihbischof Herwig Gössl (Reihe hinten, 2. von rechts) mit Prälat Georg Kestel (von links), Pressesprecher Harry Luck und Domdekan Dr. Hubert Schiepek im Bamberger Bischofshaus. Foto: Bernd Buchner
Erste Pressekonferenz nach der Ernennung: Weihbischof Herwig Gössl (Reihe hinten, 2. von rechts) mit Prälat Georg Kestel (von links), Pressesprecher Harry Luck und Domdekan Dr. Hubert Schiepek im Bamberger Bischofshaus. Foto: Bernd Buchner

Bamberg (ku/buc) – Am Freitagmorgen vor dem 2. Advent erhält Weihbischof Herwig Gössl wichtige Post. Dass der Inhalt des Schreibens, mit dem ihn der Papst zum Erzbischof von Bamberg macht, laute Jubelstürme bei dem 57-Jährigen hervorruft, darf man getrost ausschließen. Er habe sich nicht um das Amt beworben, wird Gössl gut 24 Stunden später, am Samstagmittag, im Dom sagen.

 

Dort gibt Domdekan Hubert Schiepek, der gemeinsam mit dem Erwählten zum Altar tritt, den Gläubigen die freudige Nachricht bekannt. Er tut es mit der gleichen lakonischen Sachlichkeit, aber auch mit der ihm eigenen Verschmitztheit, in der sich auch Gössl selbst auf sein Amt zuzubewegen scheint. „Auf den neuen Erzbischof brauchen wir jetzt nicht mehr warten“, sagt Schiepek. Er dreht sich um und sagt: „Ich hab ihn grad mitgebracht.“

 

Wenige Stunden später wiederum tritt Gössl im Bischofshaus hinter dem Dom vor die Medien, nimmt erstmals als designierter Erzbischof öffentlich Stellung zu den kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen, die ihn in seinem künftigen Amt beschäftigen werden, denen er sich widmen muss. Er spricht auch hier zunächst in aller Zurückhaltung von einer Aufgabe, „die man nicht unbedingt herbeisehnt“.

 

Auseinanderdriftende Kräfte

 

Dann aber zeigt der bisherige Weihbischof, der in den vergangenen 13 Monaten auch als Übergangsverwalter tätig war, dass er im neuen Amt nicht gedenkt, nur ein stiller Verwalter zu sein. Er spricht von den auseinanderdriftenden Kräften in Kirche und Gesellschaft und von seiner Aufgabe als Bischof, diese wieder zusammenzuführen. „Ich hoffe, dass ich das leisten kann“, fügt Gössl hinzu. Mit Gottes Hilfe werde das gelingen.

 

Zwar werde er die Kirche nicht weiterentwickeln, übt sich der künftige Chef am Domberg erneut in Bescheidenheit. Doch es geht ihm um die „Kernbereiche des Glaubens“, die bewahrt werden müssten. Es gelte, gerade die Distanz vieler Menschen zum Glauben, wie sie auch die jüngste Kirchenmitgliedschaftsstudie gezeigt habe, zu verringern. Dabei will Gössl auch auf jene zugehen, die der Kirche in den vergangenen Jahren den Rücken zugekehrt haben. „Ich sehe nicht schwarz für die Zukunft“, sagt er.

 

Ob er Angst vor unpopulären Entscheidungen habe, fragen ihn Medienvertreter mit Blick auf die schwindenden Kirchenressourcen und den sinkenden gesellschaftlichen Rückhalt. „Ich weiß, dass Zeiten auf uns zukommen, die nicht einfach und bequem sind“, antwortet Gössl. Es falle schwer, Abschied von Dingen zu nehmen. Für vieles habe man jedoch weder die Finanzen noch das Personal. Doch bei allen notwendigen Veränderungen sei es wichtig, so der Weihbischof, „alle Menschen mit einzubinden. Auch wenn das kompliziert ist.“

 

Mit Blick auf die gegenwärtigen Diskussionen im deutschen Katholizismus will sich Gössl nicht so ohne weiteres in das Lager der Reformer oder der Konservativen stecken lassen. „Ich finde es schwierig, Menschen zu klassifizieren“, sagt er rasch. Schon bei seiner Ernennung zum Weihbischof hatte er sich vehement dagegen ausgesprochen, in eine Schublade gesteckt zu werden. Er versuche eher, beide Pole miteinander zu verbinden. Der Weihbischof macht aber deutlich, dass etwa die vom Synodalen Weg angestoßenen Veränderungen „nur auf dem Boden des Kirchenrechts“ möglich seien. Eine Gleichbeteiligung von Bischöfen und Laien auf der Entscheidungsebene sei dort nicht vorgesehen. Gössl macht in diesem Zusammenhang aber auch deutlich, dass Kirche synodal sein müsse. „Und diese Synodalität funktioniert auch in den hierarchischen Strukturen unserer Kirche.“ 

 

Als ihn einer der Journalisten auf vermeintlich positive Äußerungen zum Frauenpriestertum anspricht, fährt ihm Gössl fast ins Wort: „Ich weiß nicht, wo ich mich da geäußert haben soll.“ Er persönlich könne sich die Priesterweihe für Frauen nach wie vor nicht vorstellen – das bedeute aber nicht, dass es nicht passieren könne. Der künftige Oberhirte fügt hinzu: „Die Kirche ist auf dem Weg. Ich möchte diesen Weg gut mitgehen können.“ Auf die Frage, warum sich Rom mit der Ernennung so lange Zeit gelassen habe, antwortet Herwig Gössl mit einem Schulterzucken. „Es gab keine Zeichen, dass es so lange dauern würde“, sagt er und vermutet, dass es möglicherweise mit dem Wechsel an der Spitze der Bischofskongregation zu tun haben könne, oder aber auch mit der Weltsynode in Rom. 

 

Und mit Blick auf sein künftiges Amt als Oberhirte räumt der neue Erzbischof mit einem Schmunzeln ein, dass er nun die Komfortzone verlassen müsse, die er als Diözesanadministrator innehatte. Denn in dieser Funktion musste und durfte er keine wichtigen Entscheidungen treffen, an die der neue Erzbischof gebunden war.

 

Als Herwig Gössl vor neun Jahren ins Amt des Weihbischofs kam, löste die Ernennung bei ihm nach eigenem Bekunden

gelinde Überraschung und einen großen Schreck aus. Ob das nun so ähnlich sei wie damals, wird der designierte Bistumsleiter von Journalisten gefragt. „Nimmer so schlimm“, sagt er lächelnd. „Ich gehe es mit großer Zuversicht an, aber auch mit großem Respekt.“