Köln/Tübingen (KNA) - Die Tübinger Theologin Johanna Rahner hat den deutschen Kardinal Walter Kasper zu dessen 90. Geburtstag am Sonntag gewürdigt. „Ich denke, man muss ihn in
die große Reihe der deutschen Theologen stellen“, sagte sie am Sonntag dem Kölner katholischen Internetportal domradio.de: „Eine halbe Generation vorher waren es sicher Karl Rahner oder Hans Urs
von Balthasar. Es gehört auch Joseph Ratzinger dazu. Wir hatten hier in Tübingen die goldenen Zeiten, wo wir alle drei großen Namen hatten: Hans Küng, Walter Kasper und Joseph Ratzinger.“
Rahner, die heute an derselben Fakultät lehrt wie Kasper von 1970 bis 1989, ergänzte, sie wäre damals gerne dabei gewesen, als die drei zusammen in Tübingen waren, „denn das muss richtig spannend
gewesen sein, wie man die drei Gestalten mit den drei unterschiedlichen Theologien, auch was die kirchenpolitische Positionierung angeht, irgendwie doch ins Gespräch gebracht hat“.
Kaspers in letzter Zeit mehrfach geäußerte Kritik am deutschen Reformprojekt Synodaler Weg könne sie teilweise nachvollziehen, sagte Rahner weiter in dem Interview. Insbesondere stimme sie der
Einschätzung des Kardinals zu, die Reformkräfte in Deutschland wollten zu schnell und zu viel alleine durchsetzen. Sie müssten sich stattdessen stärker international vernetzen und Mitstreiter
suchen. Das habe Kasper in seiner langen Zeit im Vatikan gelernt: „Da kann ich ihm durchaus zustimmen.“
Auch wenn Kasper davor warne, die Deutschen könnten „ungewollt ins Schisma“ reinstolpern, also in eine Kirchenspaltung, sehe sie das nicht so negativ wie andere, fügte die Theologin hinzu: „Ich
höre das viel positiver, er betont ja auch ,ungewollt' “. In einem aktuellen Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) etwa sage der Kardinal, dass die Kirche die Frage nach der Rolle
der Frau, ein zentrales Thema auch beim Synodalen Weg, lange verschlafen habe.
Kasper stelle hier also nicht die Dringlichkeit des Themas in Frage, sondern vor allem die Art und Weise, wie man in Deutschland Reformen angehen wolle: „Das ist vielleicht etwas, da ist Kardinal
Kasper lange genug in Rom, um das auch zu wissen, womit man diplomatischer umgehen könnte.“