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Unterschiedliche Talente auf sieben Hügeln

Die Kirche „Unsere Liebe Frau“ – im Volksmund auch Obere Pfarre genannt – ist Verwaltungssitz des Seelsorgebereichs „Bamberger Westen“.  Foto: Benjamin Kemmer
Die Kirche „Unsere Liebe Frau“ – im Volksmund auch Obere Pfarre genannt – ist Verwaltungssitz des Seelsorgebereichs „Bamberger Westen“. Foto: Benjamin Kemmer

Bamberg (kem) – Sieben Hügel, nur vier Pfarreien, aber dennoch über 16 000 Katholiken – das ist der Seelsorgebereich „Bamberger Westen“. Mit seiner geringen Fläche, mit der er wohl zu den kleinsten Einheiten im Erzbistum Bamberg zählt, und den kurzen Wegen ist der Bereich zwischen Berggebiet und Hain schon etwas besonderes. „Hardcore katholisch“, nennt beispielsweise der Vorsitzende des Seelsorgebereichsrates, Matthias Schwarzmann, den Verbund aus den Pfarreien Unsere Liebe Frau, St. Martin, St. Josef in Gaustadt sowie der Dompfarrei. Damit spielt er vor allem auf das pastorale „Programm“ an, das im Seelsorgebereich angeboten wird.
Dann müsste ja alles eitel Sonnenschein sein im „Bamberger Westen“, diesseits der Regnitz. Doch auch hier gibt es Probleme, wie zum Beispiel in St. Martin. „Wir haben aktuell keinen Pfarrgemeinderat, weil es einfach keine Kandidaten gab“, erklärt der Kirchenpfleger von St. Martin/St. Josef, Michael Lotter. Seiner Meinung nach waren viele von dem Ehrenamt abgeschreckt, weil es ja einen übergeordneten Seelsorgebereichsrat gab. Doch in der Pfarrei gründete sich eine Zukunftswerkstatt, in der sich Interessierte – ohne das starre Amt eines gewählten Rates – zusammenfinden, und die Geschicke und das Zusammenleben der Pfarrei gestalten können.
Verzögerung durch Wechsel
Aber was passiert dann im Seelsorgebereichsrat? Hier sitzen Delegierte aus den jeweiligen Pfarrgemeinderäten plus Vertreter der kirchlichen Verbände im Seelsorgebereich – wie Frauenbund, Jugend oder auch die Pfadfinder – und besprechen übergeordnete Themen. So ist auch der „Bamberger Westen“ gerade dabei, ein institutionelles Schutzkonzept zu erstellen, wie es in anderen Seelsorgebereichen bereits verabschiedet wurde. „Sowohl die Pandemie als auch der Übergang von Pfarrer Bambynek zu Pfarrer Hetzel haben hier sicher ein wenig zu Verzögerungen geführt. Auch sind wir ein neues Gremium, dass sich bei uns erst finden muss“, erklärt der SBR-Vorsitzende.
Auch soll künftig beispielsweise die Gottesdienstordnung hier abgestimmt werden, was dann durchaus zu Diskussionen führen könnte. „Keiner möchte gerne auf seinen Gottesdienst am Sonntag um 10.30 Uhr verzichten. Aber über kurz oder lang müssen wir auch darüber reden“, so Schwarzmann.
Helmut Hetzel, selbst erst seit September 2022 im „Bamberger Westen“ unterwegs, aber ein Steigerwälder Junge, sieht hier die Größe seines Seelsorgebereichs als immensen Vorteil. „Wir haben vier Pfarreien, die allesamt zu Fuß oder mit dem Fahrrad in wenigen Minuten erreichbar sind.“ Neben all den strukturellen Themen soll der Rat auch inhaltlich arbeiten und hat dafür ein Forum gegründet, in dem Ökumene, Frauenpastorale und mittelfristig vielleicht auch die Koordination der Jugendarbeit besprochen werden. 
Auch die Verwaltung wurde schon stark gestrafft. Hieran arbeitet seit Oktober 2020 Verwaltungsleiterin Astrid Benkard. Sie ist davon überzeugt, dass die Zentralisierung der Arbeiten im Seelsorgebereich schon zu Verbesserungen geführt hat. „Natürlich kann nicht mehr jedes Pfarrbüro täglich besetzt sein. Das war es auch früher nicht. Aber die Erreichbarkeit von Verantwortlichen hat sich durch den Zusammenschluss stark verbessert“, so Benkard. „Wir sind für die Gläubigen jetzt präsenter.“ Auch sei man jetzt im ganzen Team flexibler. „Wenn ein Mesner drei Wochen in den Urlaub geht, kann er nun leichter von anderen vertreten werden, weil wir durch das Verschieben von Personal Synergien schaffen können“, so Lotter.
Abschluss des Strukturellen
Momentan ist man im „Bamberger Westen“ noch in der Umsetzungsphase. „Doch es wird in den nächsten drei Monaten einen Stichtag geben, bei dem man sagt, ab da läuft das jetzt. Das Strukturelle muss dann laufen, damit wir ab da wieder inhaltlich arbeiten können“, erklärt Pfarrer Hetzel sein Ziel, das er auch „direktiv“ durchsetzen werde. „Man beschäftigt sich halt doch schon sehr lange mit den Veränderungen. Das strengt alle sehr an. Da müssen wir einfach mal einen Haken dran machen“, unterstützt Matthias Schwarzmann seinen Leitenden Pfarrer.
Sowohl Schwarzmann als auch Lotter spüren, dass es ein Anliegen der Pfarrfamilien sei, wieder mehr Kraft in die Gemeinschaft zu investieren. So zum Beispiel auch in die Dompfarrei, die es oftmals schwer hat, als eigene Pfarrei gesehen zu werden, weil man nach Ansicht Schwarzmanns, dort auch schonmal beiseite treten muss, weil das Bistum Vorrang hat. „Darunter leiden sie mitunter auch.“
Die Sonderstellung der Dompfarrei, die zu oft leider erst gar nicht als Pfarrei angesehen wird, ist nur eine Besonderheit von Hetzels Seelsorgebereich. „Sicher glauben alle Pfarreien, sie seien etwas Besonderes: St. Martin mit St. Josef in der Innenstadt, die Obere Pfarre mit den Häckern und ihrer eigenen Gemeinschaft, dann das Moderne, junge in St. Urban. Auch die Gaustadter über die alle anderen sagen, sie seien besonders“, so der Pfarrer mit einem Augenzwinkern. Auch wenn man diese Aussagen negativ auslegen könnte, sieht es Hetzel eher positiv. „Diese vier unterschiedlichen Talente und Fähigkeiten können wir ortskirchlich vor Ort weiterhin pflegen, und zugleich kann man diese Kräfte sich gegenseitig ergänzend einsetzen.“ Und auch wenn Hetzel ab und zu auf „Verbohrte“ trifft, so stört ihn das nicht. „Da steckt das Wort ,Bohren‘ drin. Und vielleicht kann man mit denen auch dicke Bretter bohren. Darauf habe ich in den nächsten Jahren gemeinsam mit den Pfarreien große Lust“, erklärt der Pfarrer.
Lotter und Schwarzmann sind sich auch sicher, dass dies schon klappt. „Wir haben uns schon aneinander gewöhnt und sind näher zusammengerückt.“ Doch das Ganze ist ein Prozess, den man auch nicht erzwingen sollte. Hier liege auch viel an der Kommunikation, glaubt Astrid Benkard. „Jeder ist bemüht und bringt seine Ideen mit ein. Diese müssen dann aber auch an alle Gemeindemitglieder weitergetragen werden.“
Gemeinsame Veranstaltungen wie Pfarrwallfahrten gehören genauso zu diesen Ideen, wie die von Helmut Hetzel schon des öfteren angesprochene City-Pastoral. Doch hier geht der Blick nicht nur nach St. Martin, weil das eben die Pfarrei in der Bamberger Innenstadt ist. „Die City-Pastoral muss von allen mit Leben gefüllt werden“. so Hetzel. Das hört dann auch nicht an der Grenze auf. Da will man auch mit der anderen Seite des Flusses, im „Bamberger Osten“. zusammenarbeiten.