
Nürnberg (buc) – Mit großer Freude und dankbarem Blick auf die Entwicklungen im vergangenen halben Jahrhundert, aber auch mit Sorge angesichts ausbleibender Reformen und ungewisser Zukunftsperspektiven haben die Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten im Erzbistum das 50-jährige Jubiläum ihres Berufsstands begangen. Sie seien „ein Segen in den vielen Feldern der Pastoral“, sagte Erzbischof Herwig Gössl bei einem Gottesdienst in der Nürnberger Klarakirche zum Auftakt der Feierlichkeiten. Er machte zugleich auf notwendige kirchliche Veränderungen durch rückläufige Mitgliederzahlen und Finanzen aufmerksam.
Das Fest im Caritas-Pirckheimer-Haus stand unter dem Leitwort „Gratwanderer zwischen Welt und Himmel“. Über einen Grat zu gehen, bedeutet, trittsicher einen Weg geradeaus zu beschreiten, während links und rechts der Abgrund wartet. Dieses Bild nahm der renommierte katholische Publizist Matthias Drobinski in seinem Vortrag auf (Bericht Seite 15). Zu den Feierlichkeiten gehörten ferner eine Reihe von Grußworten sowie Diskussionsrunden in verschiedenen Besetzungen. Die Moderation übernahm Stefan Hoffmann, der die TV-Arbeit im Erzbistum verantwortet. Für den heiteren Ausklang des Tages sorgte ein Bunter Abend mit Kabarett, Musik und Tanzanimation.
Ausgebildete Theologen
1975, zehn Jahre nach Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), wurden in der Erzdiözese die ersten Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten in den Dienst gesandt. Sie sind ausgebildete Theologen wie auch die Priester, haben aber keinen Weihegrad. Hauptamtliche Laien in der Seelsorge sind eine Frucht des Konzils. In der Kirchenkonstitution „Lumen gentium“ heißt es: „Der Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst. (...) Die Laien sind besonders dazu berufen, die Kirche an jenen Stellen und in den Verhältnissen anwesend und wirksam zu machen, wo die Kirche nur durch sie das Salz der Erde werden kann.“
Pastoralreferenten arbeiten in den Pfarreien sowie in der sogenannten kategorialen Seelsorge, also in Kliniken, Gefängnissen oder Seniorenheimen. Voraus geht dem Dienst eine dreijährige Ausbildungszeit als Pastoralassistent. In Seelsorge und Verkündigung übernehmen die hauptamtlichen Laientheologen viele priesterliche Aufgaben, dürfen aber keine Messen halten. Ob Pastoralreferenten in Pfarreien offiziell als „Ansprechperson“ oder gar „Gemeindeleiter“ fungieren dürfen, ist umstritten. Faktisch sind sie aber vielerorts aufgrund des Priestermangels die maßgeblichen Gesprächspartner für alle seelsorglichen und administrativen Fragen.
Bei dem Gottesdienst zum Auftakt der Feierlichkeiten trugen der Bamberger Pastoralreferent Hubertus Lieberth sowie seine Bayreuther Kollegin Barbara Göb Ausschnitte aus Bibeltexten vor. So verweist der Römerbrief auf die herausgehobene Stellung von „Schwester Phoebe“, eine andere Frau namens Junia wird als „angesehen unter den Aposteln“ bezeichnet. Die Arbeit am und für das Heil Gottes liege auf vielen Schultern, bei Männern wie Frauen, so Lieberth. Paulus zeige Wertschätzung: „Solche Wertschätzung haben wir nicht immer erfahren.“ Er nannte unter anderem das Predigtverbot für Laien sowie Nichtanstellungen, die offenkundig aus disziplinarischen Gründen erfolgten.
„Heute hat sich das Bild zum Glück nachhaltig gewandelt“, fügte Lieberth hinzu. „Es gab und es gibt viel zu tun. Die Arbeit ist riesig, die Arbeitsfelder haben sich ausdifferenziert.“ Manchmal seien die Pastoralreferenten die „Packesel der Gemeinden“, so der Theologe. Er wies ferner darauf hin, dass es nur noch wenige junge Leute gebe, die sich für den Beruf entschieden: „Die Zukunft ist ein unbekanntes Land, in das wir uns Stück für Stück vorantasten.“ Die Zahl der Studierenden im Fach katholische Theologie ist in den vergangenen Jahren stark eingebrochen. Analog zum Priesternachwuchs gibt es bereits jetzt einen generellen Mangel an Menschen, die hauptamtlich in der Seelsorge tätig sind.
Erzbischof Gössl betonte, Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten seien ein Segen, „weil sie mit viel Elan, einer Menge guter Ideen und einer guten Portion Beharrlichkeit die frohe Botschaft in das Leben vieler Menschen hineinbuchstabieren“. Der Weg sei aber nicht einfach gewesen. Heute habe das Miteinander und Zueinander der Berufsgruppen die Oberhand bekommen. „Man kennt und man schätzt sich“, so Gössl. In der Erzdiözese Bamberg sind 185 Priester (Stand Dezember 2023) sowie gut 100 Pastoralreferenten tätig, hinzu kommt etwa die gleiche Anzahl von Gemeindereferenten, die eine religionspädagogische Ausbildung haben. Der Erzbischof verwies auf die Berufseinführung von Priestern und Laientheologen, die auf Ebene der Metropolie inzwischen gemeinsam erfolgt. Zur Metropolie Bamberg gehören neben dem Erzbistum auch die Diözesen Eichstätt, Würzburg und Speyer.
Schnee in der Sonne
Gössl verschwieg in seiner Ansprache aber nicht, dass die Zukunft der Kirche neu ausgemessen werden müsse: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter.“ Die bestehenden Strukturen schmelzen nach den Worten des Erzbischofs „wie Schnee in der Sonne“. Das Wesen der Kirche erschöpfe sich nicht im sakramentalen Dienstamt, sondern sei grundgelegt in Taufe und Firmung. Der Oberhirte warnte zugleich vor einem „Hamsterrad des Aktionismus“. Auch das Überirdische brauche seinen Ausdruck im täglichen Leben. Gössl mahnte eine Liebe zur Eucharistie und eine Haltung der Anbetung an. Die Kirche solle nicht mehr den Anspruch haben, die Fläche abzudecken: „Das ist nicht möglich und nicht nötig.“
In seinem Grußwort sagte der Vorsitzende des Berufsverbands der Pastoralreferenten im Erzbistum, Jürgen Kaufmann, jüngere Gesichter gäben Hoffnung, „dass es weitergeht mit diesem Beruf – wie auch immer“. Generalvikar Georg Kestel würdigte den Berufsstand als „Frucht des Konzils“. Der Würzburger Markus Schuck, der dem Vorstand des bundesweiten Berufsverbands angehört, kritisierte: „Bis heute zählt Weihe mehr als Kompetenz.“ Er verwies auf die später revidierten Weisendorfer Beschlüsse von 2004, als das Erzbistum beschloss, keine Pastoral- und Gemeindereferenten mehr einzustellen: „Das hat Spuren hinterlassen.“ Er sei aber überzeugt, dass der Beruf des Pastoralreferenten weiterhin ein „erfüllender Beruf“ sein könne, unterstrich Schuck.
Bei den Gesprächsrunden kamen neben anderen die Co-Vorsitzende des Diözesanrats, Astrid Schubert sowie Anne Kurlemann und der emeritierte Theologieprofessor Ottmar Fuchs zu Wort, die beide viele Jahre Pastoralreferenten begleitet haben. Schubert sprach von einem unverzichtbaren Beruf, auch wenn man mit der „strukturellen Zweitrangigkeit“ leben müsse. Fuchs erläuterte, der Berufsstand sei immer auch als Gefahr der „Diffundierung des Priesterberufs“ angesehen worden. Viele Pastoralreferenten, Frauen wie Männer, hätten lebenslange Kränkungen erfahren, da sie nicht Priester werden durften. Es gebe „Restbestände einer großen Konfliktlage“. Gössl sagte, er würde nur ungern auf den Beruf des Pastoralreferenten verzichten. Doch dass sie wieder als „Ansprechperson“ in Pfarreien fungierten, könne er sich nicht vorstellen, stellte der Erzbischof klar.