Münster (KNA) – Bei einer dreitägigen Konferenz an der Universität Münster befassen sich Wissenschaftler mit der Bedeutung des ersten christlichen Konzils vor 1.700 Jahren in Nizäa für den interreligiösen und interkulturellen Dialog. Mit der Aussage, Jesus Christus sei Gottes Sohn und daher dem Gottvater wesensgleich, markierte das Konzil eine wichtige Wegstation bei der Trennung von Judentum und Christentum, wie der römische Theologe Philipp Renczes erläuterte.
Auch wenn diese Trennung kein explizites Anliegen von Nizäa war, hätten spätere extreme Interpretationen kirchlichen Antijudaismus befeuert. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) gebe es jedoch eine Neubestimmung des katholisch-jüdischen Verhältnisses. Die Konferenz in Münster ist der zweite Teil einer Kooperation mit der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Dort fand im Februar der erste Teil statt.
Vorbild für Reformator Luther
Drei weitere Beiträge skizzierten, welche Rolle das erste Konzil für die protestantischen Reformationen spielten. So war etwa für Luther das Konzil von Nizäa ein Maßstab, um zu erkennen, wie die Kirche seiner Zeit reformiert werden könne, so die Heidelberger Theologin Friederike Nüssel. Dabei ging es dem Reformator vor allem um die Gegenwart Christi im Abendmahl sowie um die Frage, wie der Gottessohn mit seinem Tod am Kreuz die Menschheit erlösen konnte.
Wie unterschiedlich spätere protestantische Prediger und Seelsorger mit den Aussagen zur Dreifaltigkeit umgingen, schilderte der Greifswalder Kirchenhistoriker Thomas Kuhn. Diese reichten von der Kritik an dogmatischen Spekulationen über Gottes Wesen bis hin zu Kirchenliedern, mit denen die Gemeinden auf die ursprüngliche Lehre von der Gottheit Jesu Christi eingeschworen werden sollten.
Auch für die Reformation in England waren - nach der Trennung vom Papst in Rom durch König Heinrich VIII. - die Aussagen der ersten Konzilien Orientierungspunkte einer eigenen Theologie. Denker wie John Jewel (1522-1571) und Richard Hooker (1554-1600), so der englische Theologe Ben Quash, hätten dabei Bibel, Tradition und Vernunft als Maßstäbe herausgearbeitet. Alle kirchliche Lehre müsse sich an diesen jeweils messen lassen.
Das Konzil aus Sicht der Weltreligionen
Die Konferenz in Münster wird am Donnerstag fortgesetzt mit Ausführungen zur christlichen Lehre von Nizäa im Kontext asiatischer und afrikanischer Kulturen. Zudem geht es um die Bedeutung des Konzils für das Verhältnis zu Judentum und Islam.
Beim ersten christlichen Konzil, zu dem der römische Kaiser Konstantin 325 in seine Residenz Nizäa, heute Iznik in der Türkei, einlud, wurde unter anderem festgelegt, dass Jesus Christus wesensgleich mit Gottvater, also selbst auch Gott sei. Außerdem einigten sich Bischöfe und Theologen auf ein Verfahren, den jährlichen Ostertermin zu berechnen. Dabei setzte man sich vom jüdischen Pessachfest ab, behielt die Art der Berechnung aber bei.