Vatikanstadt (KNA) – Papst Leo XIV. hat eine Lobrede auf den 1930 verstorbenen spanischen Kurienkardinal Rafael Merry del Val gehalten. Der Geistliche war von 1903 bis 1914 Kardinalstaatssekretär und dann bis zu seinem Tod Sekretär der vatikanischen Glaubensbehörde. Er gilt als Vertreter eines klar antimodernistischen sowie antijudaistischen Kurses in der Kirchenpolitik.
Der Papst würdigte Merry del Val nun wegen seiner persönlichen Bescheidenheit und wegen seines seelsorgerischen Engagements für benachteiligte Jugendliche in Rom. Die auf Spanisch gehaltene Rede verbreitete das vatikanische Presseamt am Montag. Anlass war eine Audienz für Mitglieder einer spanischen Vereinigung, die das geistliche Erbe des Kardinals pflegt.
Der Papst betonte, Merry del Val sei "in sehr herausfordernden Zeiten ein gelehriges Werkzeug im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls" und ein unermüdlicher Seelsorger gewesen. Er sei eine der "bedeutendsten Gestalten der Vatikan-Diplomatie des 20. Jahrhunderts". Auf umstrittene kirchenpolitische und dogmatische Entscheidungen des konservativen Kurienkardinals ging Leo XIV. nicht ein.
Gegen Aussöhnung mit dem Judentum
Unter anderem bewirkte Merry del Val 1928 das Verbot der kirchlichen Vereinigung "Freunde Israels". Diese hatte sich um eine Aussöhnung der katholischen Kirche mit dem Judentum und um eine Überwindung des Verdikts der "Juden als Gottesmörder" bemüht. Auch hatte sie sich für eine Reform der vom Geist des Antijudaismus geprägten Karfreitagsbitte "für die treulosen Juden" eingesetzt, die seit mehr als tausend Jahren in allen katholischen Kirchen gebetet wurde. Das Gebet wurde dann erst ab 1956 schrittweise geändert und spricht heute respektvoll von den Juden als jenen, zu denen Gott zuerst gesprochen hat.