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Nur was wir schätzen, werden wir schützen

Beim Markt der Möglichkeiten präsentierten sich ökologisch engagierte Initiativen. Foto: Bernd Buchner
Beim Markt der Möglichkeiten präsentierten sich ökologisch engagierte Initiativen. Foto: Bernd Buchner

Nürnberg (buc) – Zu einer guten Tradition im herbstlichen Kirchenkalender ist der diözesane Schöpfungstag geworden, den alljährlich die Fachstelle Umwelt und Klima im Erzbistum ausrichtet. Interessierte waren diesmal nach Nürnberg ins Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) eingeladen, um sich unter dem Leitwort „Hoffnungskraft – Mut zu einem schöpfungsgerechten Lebensstil“ über Möglichkeiten einer ökologischen Umkehr des Menschen auszutauschen, sich weiter zu informieren und zu vernetzen.

 

Dies scheint zehn Jahre nach Veröffentlichung der epochalen Umweltenzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franziskus notwendiger denn je. Denn von einem verantwortungsvollen Umgang mit der Erde und ihren Ressourcen, wie ihn das jüngst verstorbene Kirchenoberhaupt eindringlich anmahnt, ist die Menschheit noch denkbar weit entfernt. Die zerstörerischen Folgen des Klimawandels etwa scheinen eher wieder aus dem Bewusstsein zu schwinden, als dass sie Anlass für entschiedenes Handeln geben.

 

Doch es bleibt die Hoffnung – das wurde bei den Impulsvorträgen, Diskussionsrunden und Workshops im Rahmen des Schöpfungstags, der von der CPH-Akademie mitveranstaltet wurde, immer wieder deutlich. „Hoffnung hat auch etwas mit Handeln zu tun“, betonte der stellvertretende Akademiedirektor Claudio Ettl zum Auftakt und verwies damit auf die praktische Seite des ökologischen und schöpfungsgerechten Engagements. Dieses beginnt im Kleinen und kann die inzwischen verbreitete Ratlosigkeit vieler Aktivisten angesichts der vielfältigen Herausforderungen überwinden.

 

„Wir können als Christen die Hoffnung nicht aufgeben“, sagte auch Sebastian Zink, Umweltbeauftragter des Erzbistums, der die zentralen Botschaften von „Laudato si‘“ skizzierte. Das Lehrschreiben setzt der verbreiteten Wachstums- und Technologiegläubigkeit den Wunsch nach einem neuen, genügsameren Lebensstil entgegen und schreibt der Welt, der Umwelt erstmals einen Eigenwert jenseits des Nutzens für die Menschen zu.

 

In seinem Referat stellte der emeritierte Münchner Zoologieprofessor Gerhard Haszprunar die Biodiversität in den Mittelpunkt, ein nur auf den ersten Blick sperriges Thema. Das Artensterben geht nach seinen Worten hauptsächlich auf die intensive Agrarindustrie zurück. Haszprunar verwies auf die ethische Verantwortung der Menschen für die Schöpfung und mahnte eine neue Verbindung von Empathie und ökologischem Wissen an. „Nur was wir kennen, werden wir schätzen“, zitierte er Konrad Lorenz, „und nur was wir zu schätzen gelernt haben, werden wir auch schützen.“

 

Die Philosophin und Autorin Ariade von Schirach („Der Tanz um die Lust“) stellte die provokante Frage, ob es in solchen Zeiten nicht blauäugig oder gar frivol sei, von Hoffnung zu sprechen. Sie nannte ihre Ausführungen eine „Einladung zum Mitdenken“. Die Menschheit sei nicht aus dem Paradies vertrieben worden, „wir vertreiben uns selbst aus dem Garten Erden“, erläuterte die bekannte Publizistin. Doch es lasse sich bereits spüren, wie aus den Trümmern von gestern das Lebensgefühl von morgen entstehe. Die Beziehung zur Schöpfung sei unverlierbar, so von Schirach „nur wir gehen manchmal verloren“.

 

Die vielfältigen Impulse aus Vorträgen und einer Diskussionsrunde konnten die Teilnehmenden in Workshops mitnehmen, die zum einen inhaltliche Leitlinien eines schöpfungsgerechten Lebensstils vertieften, zum anderen auch praktische Gesichtspunkte aufgriffen: Norbert Dischinger von „Nürnberg autofrei“ etwa erläuterte am Beispiel des Stadtteils Gostenhof konkrete Möglichkeiten für eine ökologische und sozial gerechte Mobilität. Und unter dem Stichwort „Wärmewende“ gaben Mitglieder der „Grünen Eisbären Nürnberg“ technische Ratschläge für den Einbau von Wärmepumpen.

 

Vesper zum Abschluss

 

Zum Abschluss feierten die Teilnehmenden eine ökumenische Vesper in der benachbarten reformierten Marthakirche. Zu den Teilnehmern gehörten Archimandrit Georgios Siomos, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern, der Nürnberger ACk-Vorsitzende Dieter Wollscheid, der evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein und Domkapitular Martin Emge. In seiner Predigt sagte Emge, einige Mächtige täten so, als seien sie Gott. Doch die Menschen hätten gelernt, dass es gut sei, bescheidener zu werden, einfacher zu leben.