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"Wir haben uns vor dem Papst versteckt"

Josef Zeis mit seinem Ausweis der MC und verschiedenen Ansteckern, die er als Pilger im Heiligen Jahr in Rom bekommen hatte. Foto: Benjamin Kemmer
Josef Zeis mit seinem Ausweis der MC und verschiedenen Ansteckern, die er als Pilger im Heiligen Jahr in Rom bekommen hatte. Foto: Benjamin Kemmer

Mistendorf (kem) – Aktuell läuft das Heilige Jahr in Rom. Ein christliches Großereignis, das Millionen von Pilgern aus aller Welt nach Rom zieht und auch andernorts unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ viele Veranstaltungen nach sich zieht. Nur alle 25 Jahre findet ein Heiliges Jahr statt, also gibt es nicht viele Menschen, die von sich sagen können, schon vier davon erlebt zu haben. Josef Zeis aus Mistendorf im Landkreis Bamberg gehört aber zu ihnen. Und noch mehr: Beim Heiligen Jahr 1950 war er sogar live vor Ort dabei. Noch heute erinnert sich der inzwischen 94-Jährige gerne an diese Reise zurück.

 

1931 geboren, erlebte Josef Zeis als Jugendlicher den Zweiten Weltkrieg, war unter anderem für die Feuerwehr im Einsatz als am 22. Februar 1945 Bamberg bombardiert wurde. Er besuchte das Franz-Ludwig-Gymnasium und war – wie viele seiner Kameraden damals – auch im Ottonianum untergebracht. „Der Spiritual, der uns dort betreute, war Jesuitenpater Theodor Wild. Seinem Engagement war es zu verdanken, dass wir damals nach Rom fuhren“, erinnert sich der 94-Jährige. Wild organisierte die Fahrt und sorgte im Jahr vor der Reise auch für einen besonderen Gast. Ein Schweizer Gardist besuchte die Jungen im Ottonianum und erzählte ihnen viel über Papst und Vatikan. 

 

Im April 1950 war es dann so weit. Gemeinsam mit Pater Theodor traten die jungen Männer die Reise mit dem Zug an. „In einem alten Holzwaggon auf Holzbänken fuhren wir bis nach München, wo wir umgekoppelt wurden“, weiß Zeis von der wenig bequemen Fahrt zu berichten. Unbequem waren damals auch seine Schuhe. Sein Vater – ein Schuhmachermeister aus Rothmannsthal im Landkreis Lichtenfels – hatte ihm extra für den Besuch in der Heiligen Stadt neue, schicke Schuhe angefertigt. „Die haben so gedrückt, dass ich bei der Zwischenübernachtung in Assisi mit meinen Hausschuhen zur Unterkunft laufen musste“, so Josef Zeis. 

 

Am nächsten Tag ging die Reise weiter nach Rom. Anders als viele andere Pilger hatten es Josef Zeis und vier seiner Freunde gut erwischt. „Die Tante eines Freundes war Oberin in einem Kloster nahe dem Petersplatz. Dort durften wir schlafen und essen, während die restlichen von uns zelten mussten“, erzählt Zeis. Und noch etwas Gutes hatte die Klosterunterkunft. „Die Schwestern kümmerten sich um meine Blasen an den Füßen.“

 

Frisch gestärkt und geheilt erkundeten Zeis und seine Gruppe sieben Tag lang Rom, besichtigten das Kolosseum oder den Trevi-Brunnen. Die Jungen sahen bei Ostia auch das erste Mal das Meer, auch wenn sie wegen der frühen Jahreszeit nur ihre Füße hineinstellen konnten. Und auch den Schweizer Gardisten trafen sie erneut. Dieser nahm sie mit in die Vatikanischen Gärten. „Auf einmal sagte er, dass wir uns in den Hecken verstecken sollten. Denn da kam Papst Pius XII. vorbei. Der durfte uns wohl nicht entdecken. Aber wir haben ihn gesehen“, so Zeis. 

 

Der Höhepunkt schlechthin war dann der Einzug in den Petersdom durch die Heilige Pforte. Stolz trugen die jungen Männer ihre MC-Fahne in das Gotteshaus, wo dann heilige Messe gefeiert wurde. 

 

Viele Andenken hat Josef Zeis in den 75 Jahren in Ehren gehalten. Sei es ein Fotoalbum mit vielen privaten Einblicken in seine Reise, oder auch Postkarten, die er in Rom kaufte. Auch Pilger-Anstecker und Eintrittskarten hütet er bis heute. „Und ich habe noch alle Fahrscheine. Denn damals wurden in Rom zwei neue Buslinien eingeführt mit schicken modernen Bussen“, so Josef Zeis. 

 

Auch in diesem Jahr verfolgt Josef Zeis gemeinsam mit seiner Frau im Heinrichsblatt die Feierlichkeiten im Heiligen Jahr – und er erinnert sich gern an die Zeit zurück, als er selbst als Pilger mittendrin war.