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"Das erlebt man nur alle 100 Jahre"

Mit einem großen Schlegel ließ Erzbischof Herwig Gössl zum ersten Mal die Glocken am Michelsberg erklingen. Foto: kem
Mit einem großen Schlegel ließ Erzbischof Herwig Gössl zum ersten Mal die Glocken am Michelsberg erklingen. Foto: kem

Bamberg (kem / pm) – Sechs volle Töne, die den ganzen Körper durchdringen und voller klanglicher Schönheit sind: Mit dem zeremoniellen Anschlagen jeder Glocke durch Erzbischof Herwig Gössl wurde vergangene Woche das neue Geläut von St. Michael geweiht. Zahlreiche Gäste aus Politik, Kirche und Handwerk waren dabei. Oberbürgermeister Andreas Starke bezeichnete das feierliche Ereignis als „ein wirklich außergewöhnliches Kapitel unserer Stadtgeschichte, das man nur alle 100 Jahre erlebt“. Die neuen Glocken „ergänzen das bestehende historische Geläut und haben einen sehr beeindruckenden Klang“, so Starke.

 

„Glocken gehören untrennbar zur christlichen Kultur. Sie rufen, mahnen, erfreuen, begleiten unseren Alltag und schaffen besondere Momente.“ Starke dankte „seinen engagierten Mitarbeitern, vor allem dem Stiftungsreferenten Bertram Felix mit seinem Team für die außergewöhnlichen und nachhaltigen Leistungen“.

 

„Zeichen der Hoffnung“

 

Die Weihe durch Erzbischof Gössl wurde im Rahmen einer liturgischen Feier begangen. Dabei betonte der Erzbischof die Bedeutung des Glaubens, auf den die Glocken verweisen. „Sechs neue Glocken in unserer Zeit können ein Zeichen der Hoffnung sein.“ Denn Glocken würden Christen in all ihren Lebenslagen begleiten. Sie läuten zur Uhrzeit und erinnern an Versammlungen. „Und Glocken erheben mit ihrem Klang die Herzen aller bei Wallfahrten oder Hochzeiten“, so Gössl. 

 

Glocken seien dominant, machten aufmerksam und stören den Alltag. „Auch wenn sie heute immer seltener erklingen, gehören sie doch zu unserem Glauben und stellen in unserer begrenzten Zeit eine Verbindung her zum grenzenlosen Gott“, endete der Erzbischof seine Ansprache. 

 

Fünf neue Glocken tragen die Patrozinien Gabriel, Raphael, Maria, Elisabeth und Katharina. Diese Heiligen stehen in enger Verbindung zur Geschichte des Ortes. Besonders die Glocken Elisabeth und Katharina erinnern an die Ursprünge der heutigen Eigentümerin – die Bürgerspitalstiftung Bamberg – mit ihren Wurzeln im Elisabethen- und Katharinenspital. „Die neuen Glocken sind mehr als nur Klangkörper – sie sind Erinnerungszeichen, Identitätsstifter und kulturelles Erbe zugleich“, betonte Oberbürgermeister Starke.

 

Außerdem ersetzt ein Silberglöcklein ein kleines, ursprünglich 1614 gegossenes Glöcklein, das seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen gilt. „Das Silber im Namen bezieht sich hier nicht auf das Herstellungsmaterial, das wie bei allen anderen Glocken Bronze ist, sondern auf den hellen Klang“, erklärt der Glockensachverständige Ben Schröder.

Jahrhundertealte Tradition

 

Die Glocken wurden am 15. November 2024 in der renommierten Glocken- und Kunstgießerei Rincker im traditionellen Lehmformverfahren gegossen. Die Künstlerin Rosemarie Vollmer zeichnet sowohl für die Gestaltung der Glockenkörper als auch für die Umsetzung des Schmuckes im Gussprozess verantwortlich. Die Konzeption des neuen Geläuts hatte der Glockensachverständige Dr. Claus Peter übernommen. 

 

Erst im März 2025 wurden Glockenguss und Glockenmusik in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen. Mit den neuen Michaelsberger Glocken stärkt Bamberg nun dieses Kulturerbe und vervollständigt den Klang in Bamberg. „Wir heißen die neuen Glocken im Bamberger Geläut willkommen“, sagte Starke, während – fast wie geplant – die Glocken des Doms und der Kapelle St. Getreu zur Begrüßung läuteten. 

„Mit den neuen Glocken füllen wir nicht nur eine historische Lücke, wir ermöglichen auch kommenden Generationen, dieses Kulturgut zu erleben – akustisch, geistlich und kulturell. Die neuen Glocken dienen vor allem der Schonung des historischen Geläuts mit den drei ältesten Glocken von 1613 / 1614, das nur bei besonderen Anlassen erklingen soll.