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Egoist oder Helfer? - Sozialverhalten hängt von vielen Faktoren ab

Berlin (KNA) – Jede und jeder wägt im Sozialverhalten ständig ab - zwischen eigenen Interessen und dem Wohlergehen anderer. Davon hängt auch ab, wie großzügig sich jemand verhält, erklärte der Psychologe Tobias Kalenscher im Interview der Zeitung "Die Welt" (Freitag). "Ein Beispiel: Ich werde gefragt, ob ich mir einen Tag freinehmen würde, um einem Freund beim Umzug zu helfen. Lautet die Antwort Ja, ist mein Egoismus niedrig. Je weiter die soziale Distanz zu der Person aber ist, desto ausgeprägter werden auch meine egoistischen Motive."

 

Dass viele Menschen gelegentlich einem Bettler etwas Geld gäben, hänge mit Mitleid zusammen. "Doch meistens verhalten sie sich egoistisch und behalten ihr Geld", sagte der Düsseldorfer Forscher.

 

Persönliche Eigenschaften sind nicht alles

 

Zugleich könnten sich auch besonders egoistische Menschen an soziale Normen anpassen, "wenn sie es für opportun empfinden", sagte Kalenscher. Jemandem gut zuzureden, könne in diesem Zusammenhang durchaus etwas bewirken: "Gute Worte sind eine Art von sozialer Normsetzung."

 

Kulturelle Normen spielten ebenso eine Rolle bei der "Geiz ist geil"-Mentalität, die bisweilen mit Deutschland verbunden werde. "Es gibt bei uns aber auch enorme Zustimmung zum Wohlfahrtsstaat, der sich bekanntlich über Steuern finanziert, was auch eine Form von Altruismus ist", gab der Experte zu bedenken.

 

Wer Ängste kennt, ist oft empathischer

 

Auch die eigene Veranlagung beeinflusse das Sozialverhalten, fügte Kalenscher hinzu. So seien Menschen besonders empathisch, wenn jemand eine Angst verspüre, die ihnen selbst bekannt sei. "Jemand, der kein Problem damit hat, zum Zahnarzt zu gehen, wird nicht sehr viel Empathie für jemanden aufbringen, der große Angst davor verspürt. Das emotionale Verständnis für Ängste, Sorgen und Leiden nehmen zu, je mehr Erfahrungen jemand selbst damit gemacht hat."